Die Europäische Kommission will im Zuge ihrer "Digital Agenda" elektronische Rechnungen europaweit zum Standard machen. Die europäischen Druck-, Papier- und Postverbände laufen dagegen Sturm und warnen vor den Folgen.
Die "
Digital Agenda" gehört zu den Prestigeprojekten der Europäischen Kommission. Aufgeteilt in 101 Einzelschritte von der Vereinfachung der Lizenzierung von Online-Inhalten bis hin zum europaweiten Handy-Roaming soll sie zum einen die Digitalisierung in der EU fördern, zum anderen aber auch zum weiteren Zusammenwachsen des Binnenmarktes beitragen.
Angriff auf wichtige GeschäftsfelderFür die Druckindustrie (und auch für Postunternehmen) kann dieser Aktionsplan, so er erfolgreich umgesetzt wird, allerdings den Verlust wichtiger Geschäftsfelder bedeuten, denn er fordert die Ablösung der guten alten Papierrechnung durch E-Invoicing, elektronische Rechnungsstellung also. Das wäre nicht nur für Akzidenzdrucker ein schwerer Schlag, denen ein Großteil des Geschäfts mit Geschäftsausstattungen wegbricht, sondern auch für Mailingdienstleister.
Die europäischen Spitzenverbände der betroffenen Branchen, unter ihnen Intergraf, Printcity und Printpower für die Druckindustrie, versuchen nun zu retten, was noch zu retten ist. In einem offenen Brief weisen sie nicht nur auf die Konsequenzen für die eigenen Unternehmen hin, sondern warnen auch vor den Kosten für die gesamte Wirtschaft und den Folgen für die Umwelt. Auch der deutsche bvdm, selber Intergraf-Mitglied, schließt sich den Argumenten an.
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Argumentation des bvdmMomentan haben Rechnungen auf Papier einen Anteil von 95 Prozent. Der bvdm weist darauf hin, dass die Zahl der elektronischen Rechnungen, die ausgetauscht werden, insbesondere bei den mittelständischen Unternehmen nach wie vor gering ist. bvdm-Hauptgeschäftsführer Paul Albert Deimel erklärt dazu: "Das Stellen elektronischer Rechnungen – vor allem über Grenzen hinweg – ist insbesondere für die mittelständischen Betriebe ein komplexer und kostenintensiver Vorgang. Zudem ist die Regelung der elektronischen Rechnungsstellung in Europa nicht harmonisiert."
Seine volle Wirkung entfalte E-Invoicing nur bei einer tiefen Integration der elektronischen Rechnung in die Buchhaltungssysteme der Unternehmen. Der elektronische Versand alleine, so der bvdm, biete keine Effizienzvorteile. Bei der Betrachtung der Kostenvorteile und der Umweltaspekte von E-Invoicing werden nach Ansicht des bvdm wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt. "Letztendlich werden die Kosten auf den Verbraucher abgewälzt", so Deimel. Außerdem nutzten viele Unternehmen ihre Rechnungsstellung auf Papier auch zur regelmäßigen Kundeninformation.
Der bvdm betont darüber hinaus: Für die Verbraucher hat das Medium Print einen besonderen Stellenwert, eine große Glaubwürdigkeit sowie eine hohe Beachtung. Die Digital Agenda der EU-Kommission und insbesondere die Ziele im Bereich E-Invoicing müssen auch die Interessen der Gesamtwirtschaft und der Gesellschaft berücksichtigen. Deimel: "Print gehört in der Kommunikation auch im Jahre 2020 zu einem gesunden ausbalancierten Medienmix. Druckprodukte – auch in der Geschäftskommunikation – haben einen hohen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Wert. Diesen muss die EU-Kommission wahren."