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News / Wie sich KI in der Druckbranche ohne viel Geld nutzen lässt
Harry Steiert (l.) und Steffen Scheibenstock (Bild: privat/Scribos)
26.07.2023  Strategie
Wie sich KI in der Druckbranche ohne viel Geld nutzen lässt
Die KI-Experten Steffen Scheibenstock und Harry Steiert prophezeien, dass KI die Druckbranche verändern wird. Sie geben Druckereien Tipps, wie sie KI sinnvoll einsetzen können, ohne dafür viel Geld auszugeben.
Herr Steiert, Herr Scheibenstock, "Künstliche Intelligenz in der Druckbranche", das klingt zunächst einschüchternd. Ist KI für unsere Industrie eher Fluch oder Segen?
Steffen Scheibenstock: Aktuell ist da tatsächlich sehr viel Angst, da das Gebiet neu und kompliziert ist. Wie bei jeder neuen Technologie wird es Folgen geben, die eventuell auch negativen Charakter haben werden (Stellenabbau). Aber man sollte das Positive rechtzeitig nutzen und die Chancen sehen: Bisher hat jede neue Technologie auch zu neuen Stellen geführt. Daher würde ich eher zu Segen tendieren, wenn man die Technologie richtig nutzt, und das Kapitel Fluch eher als "Wandel" bezeichnen, der nötig ist. Die Druckindustrie wurde ja auch durch die Digitalisierung totgesagt, was nicht passiert ist.
Harry Steiert: Wir haben es selbst in der Hand, was daraus wird – wir können aus den Möglichkeiten sowohl einen Fluch als auch einen Segen werden lassen. Aber ich verstehe schon, worauf Sie hinauswollen, ich sag mal leicht provokativ, dass die Chancen gut stehen, dass es für viele ein Fluch wird.

Wie hängt die Digitalisierung mit dem Thema KI zusammen? Lässt sich das eine ohne das andere denken?
Scheibenstock: Die Digitalisierung ist, wie die KI auch, eine Folge der Nutzung und Verbreitung von Computern und dem Internet in den letzten Jahrzehnten. Digitalisierung ist dabei eher die Verlagerung von Prozessen, die bisher manuell abliefen, in die digitale Welt auf Computer. KI ist eher als ein Programm oder eine Software zu sehen, die es ermöglicht, die Idee von neuronalen Netzen (wie unser Gehirn arbeitet) auf einem Computer nutzbar zu machen. Somit sind die Themen insofern verbunden, da sie beide logische Folgen der IT-Nutzung sind, aber auch durchaus unabhängig, da man seine Prozesse und Produkte auch ohne KI digitalisieren kann und KI – völlig unabhängig vom Stand der Digitalisierung – einsetzen und nutzen kann.
Steiert: Ja, da gebe ich Herrn Scheibenstock recht – Digitalisierung lässt sich ohne KI denken, KI ohne Digitalisierung hingegen nicht. Ich habe schon vor über 20 Jahren in einer Rollenoffset- Druckerei gesehen, wie durch Digitalisierung das Papier auf der Rolle in voller Geschwindigkeit automatisch ausgerichtet wurde. Oder auch der Logistik-Roboter am Ende alles richtig verpackt und ins Lager geschoben hat, um dann den Prozessstand automatisch an das zentrale IT-System zu senden – eine KI hat hier keine Rolle gespielt. Ich habe nämlich auch gesehen, wie der Roboter bei jedem Fehler, jeder nicht vorgesehenen (falschen) Ausrichtung eines Paketes stehen blieb, blinkte und ziemlich dumm aus seiner Wäsche um "Hilfe" suchte. Stellen Sie sich vor, die KI lernt dazu und weiß, wie es dieses Paket nur leicht versetzen muss, um weiter arbeiten zu können, ohne den Gesamtprozess anhalten zu müssen.


Was raten Sie Druckerinnen und Druckern, die ihr Unternehmen digitalisieren wollen?
Steiert: Dass es höchste Zeit ist und ich mir kaum vorstellen kann, dass dies nicht schon in irgendeiner Weise intern geschehen ist (wie sonst hätte man bis heute erfolgreich bestehen kön- nen?!). Ich hoffe, die Frage lautet: Was können wir noch mehr tun? Und erfinden Sie das Rad nicht neu! Die Digitalisierung findet ja schon seit vielen Jahren faktisch statt. Holen Sie sich praktische Beispiele, sprechen Sie mit Kolleginnen und Kollegen am Markt, besuchen Sie Veranstaltungen der Branche wie z. B. die Print & Digital Convention in Düsseldorf, um von Best-Practice-Analysen und Erfahrungen zu profitieren. Dadurch entsteht so viel inspirative Kraft, die dann sinnvoll in das eigene Unternehmen einfließen kann! In Summe geht es nicht nur um Digitalisierung (in welcher Form auch immer), sondern um Orientierung und Navigation. Und das geht nur zusammen – wir müssen lernen, uns besser auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und uns besser zu vernetzen.

Scheibenstock: Ich würde raten, genau hinzuschauen, wo und wie die Digitalisierung im Unternehmen sinnvoll ist. Dabei gibt es interne Digitalisierung von Prozessen und Abläufen sowie die Digitalisierung der Druckprodukte (individuelles Design auf jedem Nutella-Glas oder serialisierte QR-Codes, mit unterschiedlichen IDs auf jedem Produkt). Beides sollte betrachtet werden. Hinzu kommt, dass es eventuell sinnvoll sein könnte, über einen Umstieg auf eine digitale Druckmaschine nachzudenken, um in gewissen Aufträgen die nötige Geschwindigkeit und Flexibilität bieten zu können, die in Zukunft nötig sein wird. Dadurch eröffnen sich zusätzlich Möglichkeiten zur Digitalisierung von Produkten über die Verpackung oder Label, die Druckereien ihren Kundinnen und Kunden anbieten können. So vollzieht sich nach und nach der Mindshift hin zum Digitalen in der Druckerei und bei den Kundinnen und Kunden.

Wo die beiden Experten die größte Einsatzmöglichkeit für KI in der Druckbranche sehen, wie man mit wenig Geld erste Schritte mit KI geht und welche Voraussetzungen eine Druckerei dafür schaffen muss, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Druck & Medien. Sie kann hier als gedrucktes Heft oder als E-Paper zum sofortigen Download bestellt werden.  
 
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