Bei Rose Druck in Landau läuft der Generationswechsel von Bernd Rose zu seiner Tochter Linn. Wie die beiden den Prozess gestalten, warum sie in eine dritte Tiefdruckmaschine investiert haben und wie sie die aktuellen Herausforderungen durch Corona und Ukraine-Krieg meistern.
Herr Rose, Sie übergeben Ihre Druckerei an Ihre Tochter Linn. Wie haben Sie diesen Prozess eingeläutet?Bernd Rose: Ich habe mit 66 Jahren meinen drei Kindern einen Brief geschrieben. Darin habe ich sie gebeten, dass sie sich bitte zu ihrer Lebensplanung äußern. Mein Ziel war es, dass ich mit 68 Jahren weiß, wie es weitergeht, und einen möglichen Übergang beginnen kann. Und mit 70 Jahren möchte ich die Freiheit haben, zu sagen, dass ich jetzt raus möchte aus dem operativen Geschäft.
Wie haben Ihre Kinder auf diesen Brief reagiert?Bernd Rose: Mein Sohn ist Maschinenbau-Ingenieur und lebt mit seiner Familie in Norddeutschland. Er hat gesagt, er würde es machen, wenn die Druckerei im Norden stehen würde. Meine jüngere Tochter hat Medizin studiert, das ist ihre Berufung. Und meine ältere Tochter, die hier mit uns im Raum sitzt, hat erst mal gar nichts gesagt.
Linn Rose: Ich stand vor der Frage: Sage ich jetzt Ja oder Nein? Wie entscheide ich mich? Für diese Fragestellung habe ich mir Unterstützung gesucht. Ich habe eine Beraterin gefunden, die mich als Coach in den ersten Monaten begleitet hat. Sie hat mir den Vorschlag gemacht, über ein konkretes Projekt einzusteigen und das Unternehmen kennenzulernen. Ich kenne es zwar von meinen Kindesbeinen an, aber eben aus einer anderen Perspektive und nicht aus dem täglichen Geschäft.
Welche Ausbildung haben Sie gemacht?Linn Rose: Ich habe Kommunikationsdesign studiert und die ersten zehn Jahre meines Berufslebens in Agenturen verbracht. Und das ist einfach eine andere Welt. Dementsprechend war es für mich auch fast unmöglich, die Entscheidung am blanken Tisch zu treffen und zu sagen, jetzt habe ich das Unternehmen weder im Tagesgeschäft erlebt noch habe ich ein Gefühl dafür.
Welche Punkte waren in Ihrem Entscheidungsprozess wichtig?Linn Rose: Ich wollte wissen, ob ich etwas von meinen Kompetenzen ins Unternehmen einbringen kann. Aus dieser Perspektive kam die Idee, ein auf ein Jahr begrenztes Projekt zu beginnen, das Unternehmen kennenzulernen und ein Gefühl dafür zu bekommen, ob es passt. Das habe ich gemacht und bin im April vergangenen Jahres in das Projekt "Wasserfarbe im Illustrationstiefdruck" eingestiegen.
Bernd Rose: Dabei geht es um den Ersatz der Lösemittelfarbe im Tiefdruck durch eine wasserbasierte Farbe.
Zu welchem Entschluss sind Sie nach Ablauf dieser zwölf Monate gekommen?Linn Rose: Gegen Ende des Jahres hatte ich mir die Entscheidung vorgenommen. Ich habe sie dann auch getroffen und gesagt: Ich kann mir die Übernahme des Unternehmens von meinem Vater sehr gut vorstellen.
Welche Rolle hat dabei Ihre Beraterin gespielt?Linn Rose: Daniela Jäkel-Wurzer begleitet Familien und Familienunternehmen bei Nachfolgeprozessen, ist Coach, selbst Unternehmertochter und Gesellschafterin und hat ihren Fokus auf die weibliche Nachfolge gelegt. Ich habe sie über eine Internetrecherche gefunden. Sie hat den Prozess gestaltet, anfangs nur mit mir, dann mit mir und meinem Vater. Und sie ist weiter an unserer Seite, um den folgenden Übergabeprozess zu begleiten und ihn sowohl inhaltlich als auch persönlich zu reflektieren.
Wie war das für Sie, Herr Rose?Bernd Rose: Ich wusste von der Beraterin anfangs nichts. Meine Tochter hat mir aber gesagt, "wenn ich es mache, dann mache ich es richtig". Irgendwann habe ich von Frau Jäkel-Wurzer eine Einla- dung zu einem Workshop bekommen. Im Vorfeld sollte ich mir Gedanken machen, was die wichtigen Themen für mich sind. Letztendlich haben wir dann zwei Workshops gemacht, die gut vorbereitet und aus meiner Sicht sehr hilfreich waren. Weil es eben eine Dreierkonstellation war, bei der eine Person emotional unbefangen mit am Tisch sitzt, die Diskussion entsprechend moderiert und die richtigen Fragen stellt.
Linn Rose: Man hat die enorme Erfahrung gespürt aus all den Nachfolgen, die Frau Jäkel-Wurzer bereits begleitet hat. Es ist sehr wertvoll, von diesem Erfahrungsspektrum profitieren zu können und typische Fehler nicht machen zu müssen.
Was kam bei diesen beiden Workshops mit der externen Beraterin alles zur Sprache?Bernd Rose: Ein Thema ist ja die Beziehung zwischen mir und meiner Tochter. Wie geht man miteinander um, was erwartet man, was darf man erwarten und was muss man erwarten. Eine andere Sache, die mir anfänglich gar nicht so klar war, die aber genauso wichtig ist: Wie ist das Verhältnis zum Rest der Familie?
Frau Rose, wie haben Ihre Geschwister reagiert, als sie von Ihren Plänen erfahren haben?Linn Rose: Sie waren beide durchaus überrascht. Aber sie haben sich sehr gefreut und man kann sagen, sie waren auch etwas erleichtert. Es war auch der Wunsch meiner Geschwister, dass wir eine gute und familiäre Lösung finden. Und wenn zwei Nein sagen, bleibt in diesem Fall nur noch eine übrig.
Gab es einen Plan B, falls Sie doch Nein gesagt hätten und nicht ins Unternehmen eingestiegen wären?Linn Rose: Bei mir nicht, aber meine Eltern haben sich durchaus darauf vorbereitet. Ich habe mich in dem Jahr erst mal nur um mich und um meine Entscheidung gekümmert.
War Ihre Entscheidung, die Druckerei zu übernehmen, ein Prozess oder gab es einen Punkt, an dem Sie gesagt haben: Ja, ich mache es?Linn Rose: Ich würde es als Prozess beschreiben. Man ist am Anfang ein unbeschriebenes Blatt, wartet, was kommt, wie es sich anfühlt, wie sich die Zusammenarbeit gestaltet und wie das Team funktioniert. Ich habe festgestellt, dass es viel Freude macht: Mit jedem Tag ist die technische Komponente, wo ich keinen Ausbildungshintergrund und keine große Erfahrung habe, immer weniger vorrangig geworden. Ich habe gemerkt, dass ich Wertvolles aus meinem Werdegang mit einbringen und ein Baustein des Teams sein kann.
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Außerdem in dieser Ausgabe:
Tiefdruck: Der Illustrationstiefdruck hat Aufträge verloren. Dennoch hat er weiter seine Berechtigung.
Nachhaltigkeit: Wie die Druckbranche nachhaltiger werden kann und warum dabei auch der Verstand gefragt ist.
Praxisfall: Warum die Messung des Passers im Flexodruck so wichtig ist.
Timm Urschinger im Interview: Die Mitarbeitenden von Timm Urschinger, der auf moderne Unternehmensführung spezialisiert ist, bestimmen ihr Gehalt selbst. Kann dieser Ansatz auch in der Druckbranche funktionieren?
Standpunkt: In welchen Punkten schlägt gedruckte Plakatwerbung ihr digitales Pendant?
Dr. Print: Was Sie schon immer über die Druckbranche wissen wollten.
Zum Schluss: Hans Joachim Laue hat im Ruhestand die Geschichte der Druckweiterverarbeitung aufgeschrieben.