Die Corona-Pandemie hat starke Auswirkungen auf die Druckbranche. Welche Hilfen Druckereien in Anspruch nehmen können, erklärt Oliver Curdt, Geschäftsführer und Vorstand Verband Druck + Medien Nord-West, im Exklusiv-Interview.
Die Corona-Krise trifft auch Druckereien. Wie ist die Stimmung unter Ihren Mitgliedsbetrieben? Oliver Curdt: In den sehr stark an den Werbeausgaben der Wirtschaft hängenden Akzidenz- und Rollenbetrieben herrscht derzeit eine gedrückte Stimmung. Aufgrund von krisenbedingten Auftragsausfällen wurde in sehr vielen Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Bei den Verpackungs- und Etikettendruckern oder den Druckern von Amtsblättern sieht es aber teilweise ganz anders aus. Hier gibt es weiterhin eine hohe Nachfrage – einige arbeiten mehr als vor der Krise, auch am Wochenende.
Wie entwickelt sich die Auftragssituation? Die Auftragssituation in einzelnen Bereichen der Branche ist sehr unterschiedlich. Das Fehlen von Anzeigen und Werbebeilagen in Tageszeitungen und von Anzeigenblättern bedeuten hohe Umsatzeinbrüche für die klassischen Akzidenzdruckdienstleister. Auch die Druckaufträge von Verkaufsliteratur am POS, beispielsweise für die Automobilwirtschaft oder die Möbelindustrie, sind massiv eingebrochen. Hier wirken sich der Shut-Down beziehungsweise die selbstgewählte Stilllegung der Produktion negativ auf die Druckumsätze aus. Auch die Unternehmen, die für Messen oder Reiseunternehmen arbeiten, haben von jetzt auf gleich fast einhundertprozentige Auftragsausfälle zu verzeichnen. Die Absage von zahlreichen Messen und der Wegfall eines großen Teils der Werbemittelproduktion trifft die gesamte Druck- und Medienindustrie schwer.
Wo läuft es besser? Bei Verpackungs- und Etikettenherstellern gibt es zum Teil eine hohe Nachfrage, insbesondere bei medizinischen Produkten oder Hygieneartikeln. Da auch der Online-Versandhandel in den letzten Wochen stark zugenommen hat, wirkt sich dies ebenfalls positiv auf den Verpackungs- und Etikettenbereich aus.
Können die Druckereien die Produktion aufrechterhalten? Ja, auch während der Krise können Unternehmen durch eine organisatorische Trennung von Bereichen, Schichten und Teams die Produktion aufrechterhalten. Viele Unternehmer haben das sehr gut organisiert: Übergaben finden nicht mehr persönlich statt und die Arbeitsplätze werden zum Schichtwechsel desinfiziert. Die Aufrechterhaltung der Produktion ist nicht nur für die Druckereien von enormer Bedeutung, sie ist auch wichtig, um die zahlreichen sogenannten kritischen Infrastrukturen mit benötigten Drucksachen zu beliefern, dazu zählen etwa die Lebensmittelversorgung, das Gesundheitswesen, die Landwirtschaft und viele andere mehr. Damit wird die Druckindustrie ebenfalls Teil der Lieferkette für diese Bereiche, die zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens einen unverzichtbaren Beitrag leisten. Wie oben jedoch erwähnt, wurden die Produktionskapazitäten an die Nachfrage angepasst.
Wie sieht die Versorgung mit Papier aus? Dazu sind uns bisher Gott sei Dank keine Engpässe bekannt. Uns wurde aber vereinzelt über Engpässe beziehungsweise Lieferschwierigkeiten bei Isopropanol berichtet.
Welche Fördermöglichkeiten stehen Druckdienstleistern zur Verfügung? Den Unternehmen stehen steuerliche, liquiditätsstärkende, arbeitsmarktpolitische, sozialpolitische und rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie zur Verfügung. Hier gibt es sowohl Bundesmittel, das sind nicht rückzahlbare einmalige Zuschüsse für Unternehmen bis 10 Mitarbeitern sowie zinsgünstige und mit einer hohen Haftungsfreistellung versehene Darlehn über die KfW, als auch zusätzliche Mittel und Hilfen. Das sind ebenfalls nicht rückzahlbare einmalige Zuschüsse sowie zinsgünstige Darlehn in den einzelnen Bundesländern für Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten. Hier sind die Regelungen je nach Land unterschiedlich. Aus NRW wissen wir, dass Mitgliedsunternehmen bereits sehr unkompliziert Soforthilfen ausbezahlt bekommen haben. Grundsätzlich muss man sagen, dass Bund und Länder in sehr kurzer Zeit die Voraussetzungen für eine schnelle Beantragung und Auszahlung der Corona-Soforthilfen geschaffen haben
Gibt es weitere Hilfen?
Ganz aktuell ist diese Woche von der Politik mit der 100-Prozent-Haftungsgarantie für das KfW-Kreditprogramm eine Mittelstandslücke geschlossen worden. Der Schnellkredit steht mittelständischen Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten zur Verfügung, die mindestens seit 1. Januar 2019 am Markt aktiv sind. Neben der KfW stellen die Bürgschaftsbanken in den einzelnen Bundesländern in Kombination mit dem jeweiligen Land als Rückbürgen interessante und mit hoher Haftungsfreistellung versehene Kredite bis zu 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Eine sehr gute Alternative zu den KfW-Programmen des Bundes.
Und darüber hinaus?
Die größte Bedeutung für die Branche hat aber zweifellos das Kurzarbeitergeld. Hier ist positiv hervorzuheben, dass man zahlreiche Erleichterungen bei der Beantragung vorgenommen hat.
Auch die Möglichkeiten der Stundung und Verschiebung von Steuerzahlungen ist sehr hilfreich, ebenso die Möglichkeit, die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen an die Krankenkassen zu verschieben.
Nutzen Druckereien diese Möglichkeiten bereits? Ja, wie bereits angesprochen, wird in sehr vielen Betrieben das Instrument der Kurzarbeit genutzt. Auch die Möglichkeiten von Stundungen der Sozialversicherungsbeiträge und der Steuern sowie die Soforthilfen von Bund und Ländern werden stark in Anspruch genommen. Bei den Darlehen sieht es zurückhaltender aus. Sie sind und bleiben eben Darlehen, für die man sich trotz politisch gewollter und kommunizierter Haftungsfreistellung verbürgen muss und die man irgendwann auch zurückzahlen muss. Hier sind beispielsweise die Laufzeiten der derzeit bekannten KfW-Darlehen mit 4 bis 5 Jahren einfach auch zu kurz. Einige Unternehmen werden aber ohne die Kreditprogramme wohl nicht zurechtkommen können.
Wo bieten Sie als Verband Unterstützung an? Mitglieder der Verbände Druck und Medien finden die Details zu allen Möglichkeiten mit Erläuterungen, Videos und Grafiken sowie den Musterformularen und Mustervereinbarungen auf den Webseiten der Druck- und Medienverbände im internen Mitgliederbereich. Wir haben beispielsweise eine extra Corona-Informationsseite eingerichtet, die tagesaktuell gepflegt wird. Für Verbandsmitglieder steht auch ein Leitfaden zur Kurzarbeit zur Verfügung. Unser Verband führt zum Thema Kurzarbeit sowie den wirtschaftlichen und finanziellen Hilfen wöchentliche Webinare durch, die gut besucht werden. Alle Landesverbände und der Bundesverband Druck und Medien informieren regelmäßig und umfangreich zu allen aktuellen Änderungen.
Wie sieht es mit der Beratung aus?
Wir beraten und unterstützen die Betriebe individuell mit unseren Anwälten zu Fragen rund um das Kurzarbeitergeld und zu anderen arbeitsrechtlichen Fragen rund um das Thema Corona-Pandemie. Aus den Beratungen leiten wir FAQ ab und aktualisieren diese regelmäßig. Zu Finanzierungsfragen, Förderprogrammen und entsprechenden Antragsformularen sowie den benötigten Unterlagen zur Einreichung, wie etwa einer Unternehmensplanung und Liquiditätsplanung, beraten und unterstützen unsere betriebswirtschaftlichen Berater. Das alles machen wir übrigens kostenfrei im Rahmen der Mitgliedschaft.
Gibt es digitale Lösungen?
Für unsere Mitglieder haben wir zudem mit einem Anbieter vereinbart, dass sie für einige Monate kostenlos ein Planungstool zur Unternehmensplanung einsetzen können, zu dessen Nutzung schulen wir ebenfalls online. Sowohl die Landesverbände Druck und Medien als auch der Bundesverband setzen sich zudem für die Mitglieder an wichtigen Stellen bei der Politik, den Behörden und den Banken dafür ein, dass insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen schnell und unbürokratisch geholfen wird. (kü)
Sie möchten regelmäßig News von Druck & Medien erhalten? Hier können Sie unseren Newsletter abonnieren, der jeweils dienstags und donnerstags erscheint.