Please wait...
News / Fehlt eine Lack-Norm?
26.04.2017  Wirtschaft
Fehlt eine Lack-Norm?
Auf dem Branchentreff informierten sich vom 7. bis 9. September rund 250 Teilnehmer über Trends im Publishing, Digital- und Offsetdruck. Am Abschlusstag ging es in Hannover um die Bewertung lackierter Druckprodukte – mit einem für die Verfechter der Prozess-Standardisierung unbefriedigenden Ergebnis.
In der Branche ist es auf breiter Basis angekommen: Veredelung taugt zur Spezialisierung und schafft Mehrwert. Waren Folien und Lacke früher ausschließlich Luxusprodukten vorbehalten, bringen sie inzwischen immer öfter auch Standarddrucksachen zum Glänzen. Dennoch sind es natürlich vor allem die edlen Produkte, wie etwa Geschäftsberichte großer Konzerne oder die Kataloge der Automobilhersteller, bei denen es auf eine möglichst perfekte Qualität des Gesamtergebnisses ankommt. Gerade deshalb stellt sich die Frage, wie sich die Produktion nach Prozess-Standard-Offset und die Veredelung mit Lack in Einklang bringen lässt. Die PSO-Experten mehrerer Druck- und Medienverbände sowie Vertreter aus der Zulieferindustrie loteten in Hannover den aktuellen Status der Mittel und Möglichkeiten aus.  

Den Anfang machte Patrick Heinl von Techkon, der das Dilemma zwischen Lack und Standards aufzeigte: "In der DIN 5033 (die deutsche Umsetzung der internationalen CIE-Norm) sind weder Glanz noch Haptik beschrieben, obwohl beides eine entscheidende Rolle spielt, wenn der Kunde den Druck visuell bewertet." Bei der Abmusterung lackierter Druckbogen kommen drei Effekte zum tragen:
- Je nach Blickwinkel kann sich der Farbeindruck aufgrund der aufliegenden Lackschicht verändern.
- Matte Lacke können heller und weniger gesättigt wirken.
- Glänzende Lacke können dunkler und gesättigter erscheinen.
Und auch die messtechnische Erfassung des Glanzgrades (nach dem TAPPI-Verfahren und der DIN 67530) liefere nicht zwingend konstante Ergebnisse, da sowohl der Messort als auch der Farbauftrag und Trocknungszustand Einfluss nehmen. Die Veränderung der Tonwertzunahme durch eine Lackierung bezifferte Patrick Heinl auf etwa zwei Prozent für Öl- und Dispersionslacke sowie auf bis zu fünf Prozent für UV-Lack. Für weitergehende Ergebnisse, die aus einer Untersuchung der Fogra resultieren, empfahl er die Lektüre des Anfang dieses Jahres erschienenen Fogra-Forschungsberichts 32.152, "Einfluss der Lackierung auf das farbliche Aussehen eines Offsetdrucks auf Papier und Karton". Im Zuge der Untersuchung wurden unter anderem auch Profile erstellt, mit denen sich farbverbindliche Prüfdrucke für lackierte Offsetdrucke herstellen lassen sollen.

In einem weiteren Vortrag erläuterte Michael Seydel von Heidelberger Druckmaschinen den Einsatz der Farbmesstechnik des Unternehmens in Bezug auf lackierte Produkte. Er empfahl, den Kontrollstreifen beim lackieren des Druckbogen auszusparen, damit die Messung des Streifens PSO-konform ausgeführt werden könne. Anschließend gab Joachim Frings vom Lackhersteller Pearltec dem Publikum geballte Informationen über die Eigenschaften der verschiedenen Lackarten, erklärte ihr Zusammenwirken mit Papieren und Farben und lieferte praktische Hinweise für die korrekte Verarbeitung der Produkte in der Maschine. **break**

Mit besonderer Spannung erwarteten die Teilnehmer die Ergebnisse einer Untersuchung der Messtechnik für die qualitative Bewertung lackierter Druckbogen, die Udo Eickelpasch (Verband Druck und Medien Niedersachsen) und Dirk Müller (Verband Druck und Medien Bayern) begleitet hatten und zum Abschluss des dreitägigen Forums präsentierten. Auf Grundlage des Prozess-Standard-Offset hatten die an dem Versuch teilnehmenden Druckereien, darunter Schlütersche und Schleunung Druck, unter reichlich Aufwand in mehreren Testreihen Bogen bedruckt, gemessen, lackiert und wieder gemessen. Mit den Ergebnissen waren die Standardisierungsprofis der Verbändealles andere als zufrieden: Trotz Standards hingen die Resultate sehr stark von der Kombination der verwendeten Produkte (Farbe, Papier, Lack) ab. Insgesamt ergab sich keine verlässliche Aussage darüber, wie genau der Lack sich auf die Messergebnisse auswirkt.

Das Fazit von Udo Eickelpasch: "Die Bewertung lackierter Druckbogen ist subjektiv. Es kann funktionieren, muss aber nicht. Mehr gibt die derzeit verfügbare Messtechnik nicht her, auch wenn das unbefriedigend ist." Er forderte, dass die Messtechnik angepasst werden müsse, die Messbedingungen klar definiert und die Maschineneinstellungen konstant und wiederholbar. Letzteres sei nicht mehr selbstverständlich, weil es immer mehr Maschinenbediener gäbe, die die Einstellungen der Druckmaschine nicht mehr im Griff haben.

Veranstalter der Druck- und Medientage Nord sind die Druck- und Medienverbände Niedersachen, Nord, Nordrhein-Westfalen und Berlin-Brandenburg. Das unabhängige, neutrale Branchenforum findet seit 2008 einmal jährlich im Wechsel in Hamburg oder Hannover statt. Die kostenlosen Veranstaltungen gliedern sich in Workshops und Vortragsreihen zu wechselnden Schwerpunktthemen.
Sie wollen immer auf dem Laufenden sein? Bestellen Sie jetzt den Newsletter von Druck & Medien!