Das Colour Management Symposium der Fogra in München zeigte: Das Thema hat nach wie vor eine hohe Relevanz in der Branche, doch Druckereien und Hersteller können noch mehr dafür tun.
Eine große, deutsche Flugzeuggesellschaft hatte erst zwei Tage vor dem Colour Management Symposium einen farblichen Fauxpas eingestanden – mit dieser Anekdote eröffnete Eduard Neufeld, Geschäftsführer und Institutsleiter der Fogra, die Veranstaltung. Erst beim Einsatz der frisch lackierten Maschinen fiel unter realen Lichtbedingungen auf, dass das verwendete Blau nicht mehr "blau genug", sondern fast schwarz wirkt.
Fälle wie diese zeigten, dass Farbmanagement weit über die Druckbranche hinaus Relevanz hat und dass es wichtig sei, sich mit Prozessen und ihren Herausforderungen auseinanderzusetzen – vor allem, wenn es wie beim Einsatz von Markenfarben um höchste Qualitätsansprüche geht.
Den Auftakt zu den zahlreichen Vorträgen über den Druck "mit mehr als vier Farben" gab Barry Sanel von Diageo North America, Marktführer im Bereich Verpackungen für alkoholische Getränke, deren Markeninhaber hohe Anforderungen an die Farbgenauigkeit stellen. Dies sei auch der Grund, weshalb bei Diageo jeder Mitarbeiter einem Farbfehlsichtigkeitstest unterzogen wird – selbst die Hilfskraft in der Logistikabteilung.
Zur Beschreibung der verwendeten Markenfarben nutzt man bei Diageo den universellen CxF-Standard, der Farbe spektral charakterisiert und somit eine sichere Farbkommunikation über den gesamten Workflow hinweg ermöglicht. Hier knüpfte Olaf Drümmer von Callas Software an und stellte den aktuellen Stand der Verarbeitung von mehr als vier Farbauszügen in PDF-Dateien vor, womit Farbinformationen in PDFs korrekt und eindeutig abgespeichert werden können.
CxF/X-4 sei allerdings nur eine Voraussetzung für einen standardisierten Workflow und nicht automatisch eine Lösung – dem stimmte auch Dietmar Fuchs von Color Logic zu. Von der "düsteren Vergangenheit" der Spotfarbendefinition habe die Branche sich zwar inzwischen schon entfernt, aber erst mit spektralen Messdaten werde nun eine herausragende (Re-)Produktion ermöglicht.
"Von der Umrüsterei zur Druckerei“ – Mit diesen Worten übergab Andreas Kraushaar (Fogra) als Organisator des Symposiums das Wort an Jan-Peter Homann von Homann Colormanagement und eröffnete damit die zweite Vortragsreihe mit einer prägnanten Zusammenfassung einer der Kernproblematiken des Mehrfarbendrucks: die ständig wechselnden Sonderfarben und der damit verbundene Reinigungsaufwand der Farbwerke im Offsetdruck.
Doch auch bei der Datenhandhabung gibt es Herausforderungen: „Komfortlösungen“ seien oft nicht offen und frei mit anderen Systemen kombinierbar. Und gängiger Software wie der Adobe Creative Suite mangelt es nicht nur an einer Unterstützung für CxF-Daten: Adobe In Design könne nicht mal mehrkanalige Bilder verarbeiten, die in Adobe Photoshop erstellt wurden.
Diese und andere Limitierungen der Adobe Creative Suite wurden auch von den folgenden beiden Referenten immer wieder aufgegriffen, was in der anschließenden Frage-und-Antwort-Runde den Symposiumsteilnehmer Mike Scrutton, Adobe, der extra zu diesem Symposium angereist war, zur Stellungnahme bewegte: "Adobe is here and Adobe is listening!"
Johannes Betz von GMG erklärte anschließend, wie der Druck im erweiterten Farbraum funktioniert, und beantwortete unter anderem die Frage, wie eine solche Farbraumerweiterung farbmetrisch möglichst sinnvoll vorgenommen werden sollte. Zur Qualitätskontrolle im Mehrfarbendruck bietet sich neben herstellereigenen Lösungen wie dem GMG Spot Color Strip nun auch der auf dem Colour Management Symposium erstmalig vorgestellte Fogra-Medienkeil Multicolor V1 an, der individuell auf die im jeweiligen Druckprozess verwendeten Farbkanäle angepasst werden kann.
Wie die Anwendung einer solchen Farbraumerweiterung in der Praxis funktioniert, zeigte Mario Drechsler von Highendmedia und stellte dabei sowohl die Chancen als auch die Grenzen des Mehrfarbendrucks vor. Wenn man kein Experte ist, sei derzeit die Erstellung einer tatsächlich druckfertigen PDF fast ein Zufall.
Die unzähligen Exportoptionen und damit potenziellen Fehlerquellen seien bei der PDF-Erstellung für Multicolor-Jobs die sprichwörtliche Achillesferse, denn hier gilt: "Fast richtig ist auch falsch". Die erreichbare, herausragende Farbbrillanz sei diesen Aufwand aber wert.
Sind die Versprechungen des Mehrfarbendrucks "zu schön, um wahr zu sein"? Welche Gründe haben Druckereien, sich für eine Umstellung zu entscheiden? In der dritten Session des Symposiums wurde vorgestellt, wie die Umsetzung von Multicolor-Workflows im Flexo- und Tiefdruck gelingt.
Unter dem Motto "Wechsel den Job, nicht die Tinten" findet Extended Gamut Printing laut Marek M. Skrzynski, CSW, vor allem in den USA großen Anklang, da es die Produktivität erhöht und dabei gleichzeitig Kosten gesenkt werden.
Pieter Timmermann, Verstraete in mould labels, sieht die Stärken des einheitlichen Produktionsprozesses allerdings eher in der resultierenden, vorhersagbareren Farbwiedergabe. Beim In-mould-labeling werden die vorbedruckten Labels aus Polypropylen gleich mit der Produktverpackung verschmolzen, doch gerade diese Verbindung mache die Vorhersagbarkeit des finalen Farbeindrucks bei verschiedenen Materialkombinationen sehr schwierig – der Multicolor-Workflow half hier, die Ergebnisse wesentlich konsistenter zu machen.
Für Carlo Carnelli, Color Consulting, überwiegen ebenfalls klar die Vorteile, die das Extended Gamut Printing mit sich bringt – weshalb er auch gleich versuchte das Publikum zum Handeln zu treiben: "Warum fangen Leute nicht einfach an, so zu drucken? Worauf warten Sie!?" Mit den ständigen Innovationen im Bereich Spotfarben und Multicolor befände man sich auf dem richtigen Weg, der Anwender benötige aber noch ausgereiftere Tools, um auch in der Praxis von den Vorteilen profitieren zu können.
Während am Nachmittag dank der Hilfe von X-Rite die Vorbereitungen für die Abendveranstaltung im Ballsaal bereits auf Hochtouren liefen, erklärte Andreas Kraushaar (Fogra), warum "mehr Farbe" vor allem im High-Speed Inkjet nicht unbedingt zu einem größeren Farbumfang führt, und zeigte, wie der clevere Einsatz von Tintenlimitierung die Druckqualität verbessern kann.
Auch Kiran Deshpande, Westrock MPS, betonte, dass man sich bei ECG-Workflows immer auch mit den Einschränkungen der jeweiligen Druckverfahren auseinandersetzen müsse. In einem Praxisbericht erläuterte er, wie eine Vereinheitlichung des Workflows über verschiedene Drucksystem hinweg funktionieren kann.
Den Abschluss des Vortragsprogramms am ersten Tag gab Elie Khoury (Alwan Color Expertise) mit seiner "Präsentation ohne Zahlen", warum Standardisierung für ein gelungenes Colour Management eine entscheidende Rolle spielt.
Am zweiten Tag bewegte sich der Themenschwerpunkt zunächst weg vom Mehrfarbendruck und hin zu bekannteren Themen wie der Prooferstellung. Karl Koch, Geschäftsführer "BasICColor", stellte im ersten Vortrag des Tages neben den generellen Anforderungen an den Softproof eine neu entwickeltes Softproofkonzept vor, die mithilfe mehrkanaliger LEDs das Normlicht an den jeweiligen Betrachter anpassen und damit die Abmusterung im Softproof optimieren kann.
Einen grundlegenden Überblick über die Anforderungen an die Prüfdruckerstellung sowie den neuesten Stand der Technik auch im Hinblick auf spektrales Proofing gab es anschließend von Jürgen Seitz, GMG. Als das Farbkommunikationstool sei der Proof als Referenz in der täglichen Produktion auch heute noch nicht wegzudenken.
Doch auch vor dem altbewährten Prüfdruck macht Industrie 4.0 keinen Halt: René Ruosch lud in seiner Präsentation zu "einem Spaziergang durch die Wolken" ein und erzählte, wie Amagoo es Agenturen, Lithos und Druckereien ermöglicht, über die Cloud zu kommunizieren – und zu proofen.
Automatisierung und Digitalisierung ist ein branchenübergreifender Trend, der für die Druckindustrie nicht nur viele Chancen bietet, sondern für eine zukunftsorientierte Produktion nach dem Motto "schneller, mehr, individualisiert, besser, günstiger" unumgänglich ist. Innovative Messlösungen für Inline-Spektralmessungen stellten Claas Bickeböller von Konica Minolta und Michael Dattner von BST Eltromat International vor. Die automatische Messung sei allerdings nur eine Basis; der wesentliche Mehrwert entstehe erst durch die intelligente Anbindung und Vernetzung aller beteiligten Schnittstellen.
Die Stärken und Schwächen seines eigenen Maschinenparks zu kennen, spielt in dieser vernetzten und globalisierten Welt eine größere Rolle denn je – weshalb auch die Frage aufkommt, wie die richtige Druckerei zum richtigen Kunden finden kann. Die Kundenerwartungen vorab zu quantifizieren, hilft den Druckereien nicht nur bei der Wahl geeigneter Aufträge, sondern auch bei Kaufentscheidungen für die Erweiterung des eigenen Maschinenparks. David Hunter, Chroma Checker Corporation, stellte hierzu geeignete Maßstäbe vor.
Der Tradition entsprechend gab es auch dieses Jahr im letzten Vortragsblock des Symposiums einen Ausblick auf zukunftsträchtige Themen über den Tellerrand des konventionellen Drucks hinweg – und ganz im Sinne der vorigen Session fordert Lawrence Taplin, Flux Data, automatisierte Prüfmethoden für die gesamte Materialerscheinung.
Bei der Reproduktion des Farbeindrucks im 3D-Druck spielen diese Materialeigenschaften eine große Rolle. Doch auch die Farbmessung selbst sei hier nicht ganz trivial. In einem Fogra-Forschungsvorhaben wurden daher in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut und der "DIG:ED Gesellschaft zur Digitalisierung von audiovisuellen Medien" Methoden entwickelt, um die Farbverbindlichkeit auch für 3D-Scanner sicherzustellen. Die Ergebnisse präsentierten Hansjörg Meyer und Philipp Tröster in den beiden Abschlussvorträgen. (kü)
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