Bangen um Banknoten-Auftrag
Der Berliner Bundesdruckerei droht der Verlust eines lukrativen Auftrags: Die Bundesbank plant, erstmals in ihrer Geschichte Euro-Scheine im Ausland drucken lassen. Bislang wurden die Banknoten in Berlin und von Giesecke & Devrient in München produziert.
Sollte es bei dem Plan der Bundesbank bleiben, würden die Scheine künftig auch in den Niederlanden und in Frankreich gedruckt. Nach Einschätzung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di wären damit 400 Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet.
Laut Ver.di steht die Neu-Vergabe bereits im August an. Dann soll erstmals seit Euro-Einführung der größte Teil des Bundesbank-Bedarfs an Druckereien in den Niederlanden und in Frankreich vergeben werden. Nach Informationen der Gewerkschaft gehen zwei von drei Auftragstranchen an die niederländische Royal Joh. Enschede und die französische Oberthur. In Deutschland blieben nur 20 Prozent.
Auch Giesecke & Devrient massiv betroffen
Die Bundesdruckerei in Berlin, 2009 nach einer gescheiterten Privatisierung wieder verstaatlicht, soll für 2011 gar keine Euro-Scheine mehr drucken. Betroffen wäre auch die Giesecke & Devrient GmbH in München. Sie würde nur noch weniger als die Hälfte der Vorjahresmengen an Banknoten produzieren.
Hintergrund: Seit Jahren schreibt die Deutsche Bundesbank ihren Eurobanknotenbedarf europaweit aus, obwohl es laut Ver.di "weder einen europäischen Markt für Eurobanknoten gibt noch einen fairen Wettbewerb". Nur rund 37 Prozent des jährlich anfallenden europaweiten Euro-Bedarfs wird auch für alle europäischen Notendrucker ausgeschrieben. Davon stammen 30 Prozent von der Deutschen Bundesbank.
Nachbarländer schreiben national aus
Umgekehrt haben die deutschen Banknotendrucker Giesecke & Devrient und Bundesdruckerei keine Chance, sich um Kontingente anderer Notenbanken zu bewerben, weil das Gros in den Ländern an die jeweiligen eigenen Staatsdruckereien vergeben wird.
Erst im Jahre 2012 besteht nach der Richtlinie der Europäischen Zentralbank eine Verpflichtung zur europaweiten Ausschreibung. Und das nur dann, wenn mindestens die Hälfte der Notenbanken ausschreiben und die ausgeschriebenen Banknoten mindestens 50 Prozent des europäischen Gesamtbedarfes ausmachen.
14 Druckereien im Euroraum zertifiziert
Davon ist die aktuelle Marktsituation laut Ver.di aber weit entfernt. Nach wie vor schreiben neben Deutschland nur drei Notenbanken (Finnland, Niederlande und Luxemburg) ihre Euroscheine aus.
Die Bundesbank vergibt ihren Teil des Euro-Banknotenbedarfs seit 2008 per Ausschreibung. Beteiligen dürfen sich an der Ausschreibung nur diejenigen Druckereien, die ein entsprechendes Zertifikat von der Europäischen Zentralbank haben. Aktuell sind dies im Euroraum 14 Betriebe.
**break**Die 1879 gegründete Bundesdruckerei entwickelt und liefert Systemlösungen und Dienstleistungen für sichere Identifikation und zählt nach eigenen Angaben weltweit zu den führenden Spezialisten in diesem Bereich. Neben kompletten Pass- und Ausweissystemen liefert das Unternehmen Personaldokumente, Hochsicherheitskarten, Dokumentenprüfgeräte, Sicherheitssoftware sowie Trust-Center-Leistungen für nationale und internationale Kunden.
Darüber hinaus fertigt die Bundesdruckerei Banknoten, Postwertzeichen und Steuerzeichen sowie elektronische Publikationen. Mit ihren Töchtern BIS Bundesdruckerei International Services GmbH, D-Trust GmbH, Maurer Electronics GmbH und Inco Sp.z o.o. beschäftigt die Bundesdruckerei rund 1.700 Mitarbeiter weltweit und erzielte im Geschäftsjahr 2008 einen Umsatz von 314 Millionen Euro.
Neuer Finanzchef ab Ende 2010
Als die Firma 2009 wieder verstaatlicht wurde, verzichtete der Bund auf die Rückzahlung von rund 450 Millionen Euro, die ihm der Geldproduzent schuldete. Mittlerweile liegen die Verbindlichkeiten nur noch bei gut 300 Millionen Euro. Operativ arbeitet der Betrieb profitabel.
Geleitet wurde das Unternehmen in den vergangenen Jahren von Geschäftsführer Ulrich Hamann (55), der kommissarisch auch für den seit Ende 2008 vakanten Posten des Finanzchefs zuständig war. Nach Informationen des "Manager Magazins" wurde für diese Position nun ein Manager gefunden. Demnach wird Ende 2010 Christian Helfrich (43) das Finanzressort der Bundesdruckerei übernehmen.
Helfrich soll künftig als kaufmännischer Geschäftsführer die Bereiche Finanzen, IT, Einkauf, Security & Facility-Management sowie Personal verantworten. Zuletzt war der Manager beim belgischen Agfa-Konzern im Finanzressort verantwortlich für die Restrukturierung der Gruppe.
Clemens von Frentz