Großdruckereien im Fokus
Auf einem Hearing des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses in Berlin forderte der Vertreter der Tiefdruckereien europäische Unterstützung bei der Umschulung überzähliger Arbeitnehmer ein. Die Gewerkschaften verlangen ein Einschreiten gegen Lohn- und Preisdumping.
Auch der Europäischen Union ist der Wandel in der Druckindustrie nicht entgangen, und die Auswirkungen, die dieser Wandel auf die Beschäftigten haben kann. Im weiten Vorfeld des europäischen Entscheidungsprozesses trafen sich in Berlin Vertreter der Tief- und Rollenoffsetdrucker, der Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Wissenschaft, um den Vertretern einer Studiengruppe des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ihre Sicht der Dinge darzulegen.
Unter dem Titel "Eine europäische Politik zur Sanierung der Großunternehmen des Druckgewerbes in Europa" hatte die Studiengruppe für die "Beratende Kommission für den industriellen Wandel" ein Papier erarbeitet, mit dem sich so nicht alle Anwesenden anfreunden wollten.
Großdruckereien in der Krise
In der von kleinen und mittleren Unternehmen geprägten Druckindustrie ist die Zahl der wirklich großen Druckunternehmen eher gering. Der Bericht zählt 30 Rollenoffsetbetriebe und 25 Tiefdruckereien. Dennoch stehen gerade diese Großunternehmen besonders unter Druck, haben sie doch in der Vergangenheit ansehnliche Überkapazitäten aufgebaut, die jetzt sozialverträglich abgebaut werden müssen.
Besonders John Caris von der Tiefdruckervereinigung ERA machte deutlich, dass kein Weg am "Gesundschrumpfen" vorbeiführt. Die Rolle der Europäischen Union sah er darin, bei der Umschulung der Arbeitnehmer zu helfen. Er bedauerte dabei besonders, dass sich die Möglichkeiten für eine Umschulung on-the-job drastisch verschlechtert hätten.
Gewerkschafer kritisieren Preisdumping
Die Gewerkschaften wurden von Verdi vertreten. Ihre Vertreter Andreas Froehlich und Siegfried Heim forderten ein Ende des Preiskriegs und des daraus folgenden Lohndumpings. Sie argumentierten, dass dann ein Wandel auch ohne Arbeitsplatzabbau stattfinden kann. Sie forderten zudem eine Lösung auf europäischer Ebene.
Die Vertreterinnen der Arbeitgeberverbände Intergraf und bvdm Beatrice Klose und Martina Hardt, die nur als Gäste im Publikum saßen, monierten in der Diskussion ihre mangelnde Einbindung bei der Entstehung des diskutierten Entwurfs. Einhellig beklagten sie, dass die Schuld an der Krise in dem Dokument einseitig den Unternehmern zugewiesen würde. Sie wiesen zudem darauf hin, dass ihre Verbände parallel an einem ähnlichen Projekt beteiligt sind und forderten, beide zukünftig miteinander zu verknüpfen.
Die Angst vor dem Print-Broker
Die gebanntesten Zuhörer hatte allerdings der Print-Broker Simon Biltcliffe, der mit seinem Laptop das Podium enterte und dem betretenen Publikum einen Blick auf sein Kalkulationstool gewährte, mit dem er live die Preise für Druckaufträge vergleicht.
Nun ist es an der Studiengruppe in weiteren Sitzungen und Hearings ihr Papier zu entwickeln, das dann irgendwann in den europäischen Gesetzgebungsprozess einfließt. Die 132.516 übrigen europäischen Druckunternehmen werden sich bis dahin und darüber hinaus selber behelfen müssen.