Zum dritten Mal insolvent
Der Werbemailing-Dienstleister mit Sitz im oberbayerischen Hausham hat Anfang August Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Ausgelöst wurde die Schieflage laut Management unter anderem "durch die rigide Niedrigpreispolitik der Großanbieter". Die jetzige Pleite ist nicht die erste seit Gründung des Unternehmens. (Mit Bildergalerie)
Gegenüber Druck&Medien begründete Marketing-Chef Florian Ernst das Scheitern maßgeblich mit dem Preisverfall, dem die Branche seit Jahren ausgeliefert ist. Dazu kamen die Auswirkungen der anhaltenden Rezession.
Ernst: "Die Wirtschaftskrise hat seit Anfang 2009 auch vor uns nicht halt gemacht. Die bisherigen Restrukturierungsmaßnahmen reichten nicht aus, um die Auswirkungen der deutlich gekürzten Marketingbudgets zu kompensieren."
Eine erste Konsequenz aus der Pleite: Geschäftsführerin Petra Seroka, die das Unternehmen seit einiger Zeit gemeinsam mit Helmut Haberl leitete, hat das Unternehmen verlassen – "in beidseitigem Einvernehmen", wie man seitens Rotaform versichert.
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Neue starke Frau in der Geschäftsführung ist die Rechtsanwältin Birgitt Breiter von der Insolvenzkanzlei Breiter-Ponzer in Holzkirchen, die laut Rotaform "eine ausgewiesene Spezialistin" ist. Außerdem zählt sie – gemeinsam mit dem Steuerberater Manfred Griehl – zu den Investoren der Gesellschaft. Vor allem kennt sie das Unternehmen sehr genau, da sie bereits Ende 2005 als Insolvenzverwalterin für Rotaform eingesetzt worden war.
Seinerzeit waren bei Rotaform und der ostdeutschen Tochter RDD Frankleben GmbH & Co. KG, deren Aufbau das Land Sachsen-Anhalt mit einem Investitionskosten-Zuschuss von 1,7 Millionen Euro unterstützt hatte, binnen weniger Jahre Gesamt-Verbindlichkeiten in Höhe von rund 9,5 Millionen Euro aufgelaufen. Diese Schieflage ließ sich nur durch eine Insolvenz bereinigen.
Ähnliches soll nun offenbar erneut versucht werden. Marketing-Chef Ernst gegenüber Druck&Medien: "Die Insolvenz ist für uns auch eine Chance in wirtschaftlich außergewöhnlich schwierigen Zeiten. Insbesondere für ein mittelständisches Unternehmen, welches gerade erfolgreich neu aufgestellt wurde. Weiterhin geht es uns darum, das Unternehmen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten."
**break**Die Geschäftsführung ist nach eigenen Angaben "im Grundsatz durch die Nischenstellung als Anbieter von hochqualitativen Mailings im mittleren Auflagenbereich von der Daseinsberechtigung der Rotaform überzeugt".
Florian Ernst: "Wir benötigen eine längst überfällige Rückkehr zu leistung- und wettbewerbsgerechten Angeboten, die der hohen Qualität der Mailingbranche Rechnung tragen. Die Zielstellung der Geschäftsführung ist es, gemeinsam mit den Mitarbeitern und dem gerichtlich einzusetzenden Verwalter, die grundsätzlich schwachen Sommermonate zu überstehen um aus der Insolvenz heraus wieder durchstarten zu können."
Die Rotaform GmbH war am 1. Januar 2007 neugegründet worden und geht zurück auf einen Familienbetrieb mit 40-jähriger Tradition. Vor der 2005er Insolvenz hatte das Unternehmens Mitte der 80er Jahre bereits eine andere Insolvenz überstanden, die ebenfalls auf Liquiditätsprobleme zurückzuführen war.
In den Jahren danach etablierte sich das mittelständische Unternehmen mit Erfolg als internationaler Mailing Fullservice Dienstleister, der im Offsetdruck technisch hochveredelte und komplexe Werbe-Mailings fertigt. Zu den Kunden zählen unter anderem Daimler, A.T.U. und Hansenet.
Das Unternehmen hat 75 Mitarbeiter (davon etwa 50 fest angestellt) und eine Betriebsgelände von 13.900 Quadratmetern (6.600 davon entfallen auf Produktions- und Verwaltungsflächen). Gearbeitet wird mit zwei Offsetdruckmaschinen mit einer Druckbreite bis 930 mm. Zur Personalisierung stehen Laser und Scitex mit einer Papierbreite bis 960 mm zur Verfügung, außerdem Finishingmaschinen mit einer Breite von 960 mm und ein Lettershoppark mit Kurvertierungen bis zu zwölf Teilen und maschinellem Abgleich.
Im vergangenen Jahr produzierte Rotaform 45 Millionen Mailings und erwirtschaftete damit einen Umsatz von 8,5 Millionen Euro.
Clemens von Frentz