Please wait...
News / Die Kartonagenfabrik Heynen in Kleve hat den „Turnaround“ geschafft
03.06.2014  Wirtschaft
Die Kartonagenfabrik Heynen in Kleve hat den „Turnaround“ geschafft

Zahlen, Daten, Fakten: und Erfolg


30.07.2009

Kaum jemand würde es gerne veröffentlicht wissen, doch Joachim Gimpel-Henning sagt es unverblümt: „Wir entstammen einer handwerklichen Orientierung. Und wenn man so will, waren wir bis vor kurzem noch zwei Jahrzehnte hinter den industriell aktuellen Entwicklungen zurück. Deshalb sind wir stolz, dass wir in nur eineinhalb Jahren das Unternehmen komplett umgekrempelt und dabei quasi zwei Dekaden übersprungen haben.“

Respekt! Dass ihm dabei neue Techniken ebenso geholfen haben wie die Beratungskompetenz von KBA Complete und seine eigenen Erfahrungen, schmälert die Leistung nicht. Seit dem 1. August 2007 ist Joachim Gimpel-Henning Geschäftsführer der Heynen GmbH & Co. Kartonagenfabrik KG in Kleve. Er hatte sich vorgenommen, die Kartonagenfabrik zu modernisieren und brach liegende Energien zu mobilisieren. „Die erste Aufgabe war, die Gesellschafter davon zu überzeugen, dass das Geld für die angedachten Modernisierungen gut angelegt ist.“ Daneben galt es, die Mitarbeiter mit den neuen Abläufen vertraut zu machen. Heute kann man auf einen topmodernen Betrieb verweisen, den Gesellschafter ermöglicht haben, die ihrer Verantwortung mehr als gerecht wurden und die erfolgreich auf die Leistungsbereitschaft der gesamten Crew gesetzt haben.

Dem Leitbild folgen


Die Heynen GmbH & Co. Kartonagenfabrik KG ist ein fast 100 Jahre altes mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Kleve und Spezialist für Verpackungslösungen. 1912 von Otto Heynen gegründet, begann das Unternehmen mit der Produktion einfacher Kartonagen und Spezialschachteln, baute die Produktpalette und Kapazitäten stetig aus und stellt sich heute als Anbieter dar, der maßgeschneiderte Verpackungslösungen für die Lebensmittelindustrie, Hygiene- und Kosmetikhersteller, Zulieferer für die Automobilindustrie, die Zigarettenindustrie, die Schuhbranche und andere anbietet.
„Wir folgen dabei einem klaren Leitbild, das Basis unseres Handelns ist, damit wir für unsere Kunden auch zukünftig ein begehrter Partner sein können“, so Joachim Gimpel-Henning. „Dazu benötige ich eine Organisation, die sich über Zahlen, Daten und Fakten definieren lässt, die zuverlässig ist und in der Geschäftsleitung und Belegschaft vertrauensvoll miteinander umgehen.“ Erst dann könne man täglich gemeinsam an Veränderungen und Entwicklungen arbeiten, die zum Erfolg führten. Dazu gehört für ihn außerdem ein „Netzwerk“ im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Netzwerk mit Partnern, die alle an einem Strang ziehen, um etwas zu bewegen.
So vergleicht Joachim Gimpel-Henning die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern, KBA Complete, Vinfoil und anderen Partnern mit einer Expedition. „Wir sind die Abenteurer“, sagt er. „Wir haben Partner gesucht und gefunden, die sich unserer bestehenden Crew angeschlossen haben, und mit denen wie Neuland betreten wollen und können.“

Wirtschaftlich und zuverlässig steuern


Für Joachim Gimpel-Henning stand, als er die Augabe in Kleve übernahm, sehr schnell fest, dass die Modernisierung des Betriebs nur mit einer kompletten Umstrukturierung und einer völlig neuen Organisation zu schaffen war. Und, wie er wiederholt: „Mit ZDF – Zahlen, Daten, Fakten.“ Aber nur mit einem Management Information System (MIS) lasse sich ein Unternehmen unter dieser Prämisse dauerhaft wirtschaftlich und zuverlässig steuern, ergänzt er.
So wurde von Januar bis März 2008 in einer ersten Stufe das ERP-Systems Boxsoft von CSG eingeführt. Boxsoft, das Branchenpaket für Hersteller und Weiterverarbeiter von Wellpappe, Vollpappe und Verpackungen, wurde dann in einer zweiten Stufe mit Produktionssteuerungs- und Planungs-Modulen erweitert.

Auftragsbezogene Daten werden jetzt nur noch einmal erfasst und stehen dann allen Bereichen des Herstellungsprozesses zur Verfügung. Die JDF-Informationen werden direkt aus den in der Auftragskalkulation ermittelten Daten erzeugt. Diese werden durch Boxsoft in das erforderliche JDF umgewandelt und elektronisch übermittelt. Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass alle Daten an jeder Stelle und zu jeder Zeit verfügbar sind, wo sie benötigt werden. Produktionsleitung, Disponenten, Auftragsbearbeiter bis hin zum Controller – alle können auf Informationen (auch auf die aktuellen BDE-Betriebsdaten) zugreifen und erhalten ein aktuelles Bild des tatsächlichen Produktionsstands. So kann immer rechtzeitig auf sich im Tagesgeschäft ergebende Abweichungen reagiert werden.

„Ein MIS bringt die theoretische Grundlage – ähnlich einem Fahrplan. Einen solchen Plan braucht man für die Produktion, denn ohne ihn laufen die Kosten aus dem Ruder und Verbesserungen lassen sich nicht erkennen.“ Ob der Zug dann auch laut Fahrplan kommt, sei eine andere Sache, sagt Joachim Gimpel-Henning schmunzelnd. Doch er weiß, dass man einen solchen Plan nicht ohne triftigen Grund durcheinander werfen darf. „Wenn ich einen Auftrag bei laufender Produktion unterbreche und einen anderen dazwischen packe, mache ich vielleicht einen Kunden glücklich, verärgere aber andere.“ Disziplin, so Gimpel-Henning, ist wesentlicher Bestandteil der Arbeitsorganisation.

Bidirektionaler Datenaustausch

Mit dem Aufbau und der Installation der Offsetdruckmaschine KBA Rapida 106 6+L mit sechs Farbwerken und einem Lackwerk im September 2008 kam ein weiterer, wohl der größte, Baustein der Modernisierung dazu. Die Rapida 106 ersetzte drei ältere Druckmaschinen, ist mit Logistiksystem, automatischem Plattenwechsel und DensiTronic ausgestattet und bedruckt Papiere von 60 g/qm bis zu 1,2 mm starkem Karton ohne aufwändiges Umstellen. Durch das vorhandene Zusatzpaket für den Druck auf Microwelle ist die Rapida in der Lage, G-, E- und F-Welle bis 1,6 mm Stärke zu bedrucken.

Nach der Integration des JDF-JMF-Workflows unter der Leitung von KBA Complete im Oktober 2008 ist die Druckmaschine beziehungsweise der Leitstand mit dem MIS vernetzt, so dass ein bidirektionaler Informationsaustausch möglich ist. Das Maschine erhält so produktionsrelevante Daten von Boxsoft und kann umgekehrt während der Produktion Statusinformationen von der Druckmaschine (Job Messaging Format – JMF) liefern.

Die ganzheitliche und nahtlose, das MIS einbeziehende Vernetzung aller Unternehmensbereiche bezeichnet Joachim Gimpel-Henning als eine der größten Herausforderungen für das Verpackungsunternehmen. Hier stünden zwar noch einige Schritte an, „die unternehmensweite JDF-Vernetzung nimmt aber zunehmend mehr Gestalt an.“
Dabei sind längst die positiven Effekte spürbar. „Seit 2008 haben wir mindestens 30% mehr Produktivität. Wir erreichen den gleichen Umsatz mit deutlich weniger Aufwand“, so Joachim Gimpel-Henning. Vor allem die Kosten durch Überstunden sind in dem zweischichtig arbeitenden Unternehmen praktisch auf Null gesunken.

Diese Effektivität führt der Heynen-Geschäftsführer eindeutig auf die Neuorganisation, den optimierten Workflow und administrativen Abläufe, das MIS und nicht zuletzt auch auf die neue KBA-Maschine zurück. Hier ist Verlässlichkeit geschaffen worden. Wobei alle Komponenten untrennbar zusammen gehörten: „Nur mit einer neuen Maschine, ohne den Produktionsprozess zu optimieren, lässt sich keine Produktivität erreichen,“ warnt Gimpel-Henning.

Das Tüpfelchen auf dem i


Höchste Produktivität sollte es auch sein, als Heynen im Oktober die zur drupa 2008 erstmals vorgestellte Kaltglanzfolienkaschieranlage Infigo der niederländischen Firma Vinfoil an der KBA-Bogenoffsetmaschine installierte. „Im Dezember 2008 haben wir dann – weltweit erstmalig – 17.900 Bogen/h auf der Rapida mit der Kaltfolienmaschine produziert“, so Joachim Gimpel-Henning stolz. „Das ist das Tüpfelchen auf dem i.“

Kaltglanzfolien können mit Standard-Offsetplatten auf den Bedruckstoff appliziert und in einem Arbeitsgang vierfarbig bedruckt werden, was zusätzliche metallische Glanzeffekte ermöglicht. Freistehende Flächen sind genauso erzielbar wie der Vierfarbdruck auf der Folie: ein- und dieselbe Anwendung lässt damit ein breites Spektrum an Effekten zu. Der Kaltglanzfolien-Prozess ist daher im Vergleich zur Heißprägung einerseits mit mehr Möglichkeiten, andererseits auch wirtschaftlicher und für neue Anwendungsbereiche einsetzbar.

Das Besondere an der Kaltfolienkaschieranlage bei Heynen ist das neue Konzept von Vinfoil. Hier ist die Folienrolle auf Höhe des Maschinenbedieners hinter der Druckmaschinenauslage platziert und wird über einen Überbau dem entsprechenden Druckwerk zugeführt. Dabei lässt sich das Foliensystem über den Leitstand der Druckmaschine ansteuern und verwalten. Mit Infigo ist ein „fliegender Folienrollenwechsel“ (wie man ihn von Wellpappeanlagen oder Rollendruckmaschinen kennt) ohne Maschinenstopp möglich. Vinfoil hat damit ein vibrationsfreies Foliensystem entwickelt, das mit seiner Nonstop-Folienzufuhr die Stillstandszeiten der Druckmaschine erheblich reduziert. Zudem wird die Restfolie nicht wieder aufgewickelt, sondern oberhalb der Maschine abgesaugt, gepresst und gleich entsorgt.

Vinfoil Infigo SF 105 kann sowohl bei neuen Bogenoffsetmaschinen installiert, aber auch in älteren Maschinen nachgerüstet werden kann. Jede Druckmaschine mit mindestens zwei Druckwerken beziehungsweise einer Druck- und Lackiereinheit kann mit Infigo ausgestattet werden, um „qualitativ anspruchsvolle Kaltglanzfolieneffekte zu erzielen“, wie Vincent van der Heijden, Director von Vinfoil, berichtet.

Zielorientiert arbeiten

Mit Hilfe des inzwischen hoch technisierten Maschinenparks schaffen die gut ausgebildeten Mitarbeiter bei Heynen individuelle und maßgeschneiderte Verpackungslösungen. Alle Arbeitsschritte, angefangen bei der Konzeption und Erstellung der Handmuster über die Erstellung der Druckvorlagen und Stanzformen bis hin zur Fertigung des Endproduktes, werden durch Heynen zusammengeführt. „Was bedeutet, dass wir nicht alles selbst machen. Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die wir am besten können. Zielorientiert zu arbeiten steht für uns an erster Stelle.“

Auch hier wird das Bild der Expedition wieder anschaulich. Nicht nur die Maschinentechnik oder das Verbrauchsmaterial kommt von Partnern, sondern auch Vorstufenarbeiten, Druckplatten oder Stanzformen. Aber Heynen fügt dies alles zu einem Ganzen – eben dem Endprodukt – zusammen.

Dabei hilft die Vernetzung enorm. Das MIS als Kern der Organisation steuert den Prozess von der Warenannahme bis zum beladenen LKW. Dazu werden Barcodes und Scanner für bestimmte Stationen im Prozess eingesetzt, dazu werden Daten elektronisch an die Druckmaschine gesendet und wieder zurückgeschrieben, dazu bestehen Schnittstellen zur Finanzbuchhaltung und dazu sind Arbeitsabläufe im MIS hinterlegt. Angebot, Auftragsbestätigung, Auftrag, Produktionsauftrag, Bestellungen von Karton und Stanzform, Maschinen- und Terminplanung – alles Stichworte, die das MIS zu leisten hat. „Wenn man das MIS derart effizient einsetzt, kann man den Overhead im Unternehmen gering halten“, stellt Joachim Gimpel-Henning fest.

Klever-Ideen

Und man hat offensichtlich Zeit, neue Ideen zu entwickeln. „Unsere Klever-Ideen sind, wie der Name vermuten lässt, clevere Ideen aus Kleve“, sagt Joachim Gimpel-Henning und kommt dabei geradezu ins Schwärmen. „Den visuellen Reiz unserer Druckerzeugnisse muss man mit eigenen Augen erleben. Kein Medium wird den metallischen Glanz vermitteln können, den unsere Druckmaschinen zu zaubern in der Lage sind. Dabei wird Silberfolie im Kaltglanzfolientransferverfahren auf den Karton aufgebracht und im selben Arbeitsgang mehrfarbig bedruckt – und auch lackiert. In Kombination mit unserer Prägetechnik entstehen so völlig neue Möglichkeiten, Karton nicht nur zu bedrucken, sondern ihm Leben einzuhauchen. Bilder werden plastisch, verändern sich mit dem Umgebungslicht und ziehen den Betrachter magisch an.“ Stolz stellt der Abenteurer die rhetorische Frage, ob jemand schon einmal außerhalb von Heynen F-Welle-Bogen gesehen hätte, die in metallischem Glanz Aufmerksamkeit erregten?

Zu den neuen Ideen, die weiter ausgebaut werden sollen, zählt auch die so genannte Klever-Box, eine Synthese aus Well- und Vollpappe, die aus einer soliden Transportverpackung ein perfekes Präsentationsdisplay macht. Die Wellpappe sorgt für Stabilität beim Transport und kann, nachdem die Ware ihren Bestimmungsort – etwa das Regal im Supermarkt – erreicht hat, mit einem einfachen Handgriff von der Basis gelöst werden. Diese Basis aus Vollpappe ist das perfekte Medium für unterschiedliche Offsetdrucke und bietet die Qualitäten eines Verkaufsdisplays, das die Kunden in seinen Bann zieht. Die Möglichkeiten der mehrfarbig bedruckbaren Silberfolie machen aus der Klever-Box aber weit mehr – ein schillerndes Highlight in der Reihe stummer Verkäufer, das die Produkte perfekt in Szene setzt.?Zu den Klever-Ideen gehören zudem Kalender im Farbdruck auf Silberfolie oder auch ein Schutz für Windschutzscheiben („Eis- und Hitzefrei“), den Heyen zudem als Werbefläche vermarktet.

Mehrwert schaffen

„Wir wollen besser sein als unsere Wettbewerber“, so die ehrgeizige Parole. „Wir wollen auch weiterhin leistungsbestimmt agieren, um für alle Beteiligten einen Mehrwert zu schaffen. Durch unser Zutun sollen unsere Kunden wachsen – mit Verpackungen, die die Vorteile ihrer Produkte besser in den Vordergrund stellen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, sei eine industrielle Produktion unvermeidbar – „und in diesem Zusammenhang war die Prozessanalyse und die Beratung durch KBA Complete exzellent“, so Joachim Gimpel-Henning.

Links zum Thema:
www.heynen-kleve.de
www.heynen-kleve.de/klever_box.html
www.vinfoil.com (mit Videos)
Sie wollen immer auf dem Laufenden sein? Bestellen Sie jetzt den Newsletter von Druck & Medien!