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28.04.2017  Wirtschaft
Fernost drängt auf den deutschen Markt
Der Absatzmarkt für die Textildruckereien hat sich verändert – einst Mode, heute Merchandising. Auch die Marktteilnehmer sind andere, viele Asiaten sind im deutschen Markt aktiv. Druck&Medien hat einen Blick auf Probleme eines in Insolvenz gegangenen österreichischen und eines deutschen Textildruckers geworfen.
Dass sich der Absatzmarkt für die Textildruckereien hat, ist auch bei den Herstellern von Textildruck-Maschinen aufgefallen. Klaus Wagner, Geschäftsführer der Hebbecker GmbH, meint, das Drucken für die Modebranche sei vorbei. Heute herrsche der Druck für Merchandising-Aktionen vor, vom Fußball bis zur Musik. Starke Anbieter seien China, seit etwa zwei Jahren immer stärker Indien, des Weiteren Vietnam, Bangladesh und Kambodscha.

Konkurrenzdruck aus Fernost

Das bekam eine Firma aus Neunkirchen bei Wien zu spüren, die sich mit dem Bedrucken von Dekor- und Seidenstoffen und mit dem Bedrucken und Ausfertigen von Fahnen beschäftigte.

Der Markt für bedruckte Vorhang- und Dekorstoffe sei "aufgrund der Konkurrenz aus Indien zur Gänze zusammengebrochen", heißt es beim Alpenländischen Kreditorenverband für ?Kreditschutz und Betriebswirtschaft. Bei der Herstellung von Fahnen sei die Firma durch "die verschärfte Konkurrenz aus China unter einen enormen Preisdruck" geraten.

Hinzu kommt der Druck zur Modernisierung, die hohe Investitionen erzwingt. Nach ihrer eigenen Darstellung hatte die österreichische Firma in den Jahren 2001 und 2002 rund 145.000 Euro investiert, um Vorhang- und Dekorstoffe bedrucken zu können. Fahnen Wallner geriet schließlich in Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; am 04.02.2008 wurde der Ausgleich über das Vermögen der Fahnen Wallner GmbH eröffnet. Sieben Arbeiter und Angestellte sind betroffen.

Der gleiche Grund für die Insolvenzeröffnung findet sich am 1. Mail 2008 für die Hamburger active Printline GmbH aus dem Geschäftszweig "Textildruck, Merchandising, Werbeservice und der Handel mit Waren aller Art mit Ausnahme erlaubnispflichtiger Waren".

Dabei finden sich illustre Namen in der Referenzliste der Hamburger: Von den Werbeagenturen Jung v. Matt und Scholz & Friends bis zu Deutsche Telekom.

Neben schlechter Zahlungsmoral zeigte auch die Globalisierung Wirkung, so Geschäftsführer Jürgen Parakenings. Die macht Fortschritte, berichtet er, der vor 20 Jahren den ersten Farbkopierer nach Hamburg brachte, sich als "Vater aller T-Shirt-Druck-Läden in Hamburg" sieht und für den HSV 60.000 T-Shirts bedruckte. Er ist zugleich Geschäftsführer der neuen Elbeflock GmbH. Privatkunden bediene er ebenso wie Werbeagenturen oder Konzerne. Mindestens zehn weitere Anbieter von Textildruck gibt es in Hamburg.

Wirken kaum mehr: Sprachbarrieren und Distanzen

Die Anbieter aus China, erzählt Parakenings, operierten inzwischen sehr aktiv auf dem deutschen Markt. Die sprachlichen Barrieren entfielen zunehmend; man könne die Gespräche mit ihnen auf Deutsch führen. Dass die Lieferung per Schiff drei Monate benötige, sei bei vielen Großaufträgen kein Hindernis. Auch könne man komplette Produkte bei ihnen bestellen und die Qualität stimme. Auch die Türkei sei hier stark. Viele Anbieter aus Tschechien und Polen dagegen könnten qualitativ nicht mithalten.

Den Druck von Partnern im Ausland erledigen zu lassen ist heute nicht mehr aussergewöhnlich. Dass der Kunde sich dann um Schnelligkeit und Qualität sorgt, ist den Anbietern bewusst: So wirbt eine Design- und Werbeagentur aus Dannenberg: "Unsere starken Partner in Asien, den USA und Europa garantieren auch für Importe schnellste Lieferzeiten und 1A Qualität bei der Bedruckung von Textilien, Werbemitteln und Drucksachen."

Etablierte Strukturen in der deutschen Textildruck-Branche

Etwa 1000 Anbieter wie das Geschäft von Parakenings gebe es in Deutschland. Sie seien meist lokal verankert, weshalb sich die Strukturen hier kaum verändern würden. Es sei denn, jemand machte einen technischen Durchbruch. Die Kundschaft nehme aber Änderungen in der Technik kaum wahr.

Ein Anbieter wie er beschäftigt in Spitzenzeiten bis zu zehn Leute in der Produktion.  Das Textildruck-Volumen sei allein in Deutschland gigantisch, so Parakenings. Ein Berliner Anbieter bedrucke am Tag im Schnitt etwa 30.000 T-Shirts. Schon vor zehn Jahren habe Deutschland 800 Millionen Blanks, also bedruckbare T-Shirts, importiert.


Anekdote: Wie "Dagobert" der Kaufhaus-Erpresser dem T-Shirt-Bedrucker einen topmodernen Farbkopierer bescherte

Arno Funke alias "Dagobert" hatte Anfang der 90er Jahre gleich neben dem Stand der T-Shirt-Bedrucker in einem Kaufhaus einen Stand angezündet. Die Feuerwehr rückte an, hielt den Kopierer für den Brandherd ... 30.000 D-Mark waren dahin. Doch "über Nacht", erinnert sich Jürgen Parakenings, konnte er ein Ausstellungsmodell eines topmodernen Kopierers, der noch gar nicht auf dem Markt war, erstehen und erst richtig loslegen. Damals, erzählt er, hätten die Leute bis zu zwei Stunden am Stand gewartet, um sich ein T-Shirt bedrucken zu lassen.
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