"Print stirbt nicht"
Die Rollenoffsetkapazitäten wurden im vergangenen Jahr voll ausgelastet - das ist ein Fazit der Studie, die die EWA in Auftrag gegeben hat. Die Branche leide aber unter niedrigen Preisen.
"Mir ist keine faktenbasierte Detailerhebung bekannt, die das Volumen gedruckter Produkte nach mehreren Kriterien so genau auswertet", sagt Thomas Schön, Geschäftsführer Walcker Offsetdruck zur Erhebung, die die Interessenorganisation Rotationsdruck (EWA) an den Branchenberater Michael Dömer vergeben hatte.
Die EWA repräsentiert im deutschsprachigen Raum als Interessenorganisation des Rotationsdrucks mit einem vertretenen Umsatzvolumen von 4 Milliarden Euro etwa 80 Prozent der Kapazität. Zwischen 2008 und 2012 stieg die eingesetzte Papiertonnage der Drucker in der EWA um fast 10 Prozent, obwohl die Grammatur der Produkte im Schnitt um 9,2 Prozent sank. Die Anzahl produzierter und gerüsteter Formen stieg um 16 Prozent. Insgesamt erfolgte in diesem Zeitraum ein Anstieg der produzierten Seiten um 21 Prozent. Klar zu erkennen sei damit eine größere Produktvielfalt mit kleinteiligeren Auflagen.
Der Verfasser der Studie, Unternehmensberater Michael Dömer, mahnt aber zur Differenzierung. Die Zahlen der Papierindustrie zeigten deshalb andere Werte, weil im Zeitungsbereich und in den meisten anderen europäischen Ländern die Entwicklung negativ sei. Dennoch: "Wir drucken so viel wie nie zuvor", so Axel Hentrei, Geschäftsführer Mohn Media.
Diametral entgegengesetzt ist die Entwicklung im Tiefdruck. Ein Teil der Tiefdruckaufträge ist wegen sinkender Auflagen in den Rollenoffset abgewandert. Außerdem sind Volumina wie Quelle und Neckermann weggefallen.
Ebenfalls untersucht wurde die Auslastung der Rotationen in 2012 je Maschine und Monat. Wie jedes Jahr lässt die EWA anhand ihrer vertraulichen Produktionsdaten die Beschäftigung pro Maschine pro Monat in Summe ermitteln.189 Rotationen von 8 bis 96 Seiten liegen dieser Auswertung zugrunde. 2012 waren durchschnittlich 105 Prozent der "Normalkapazität" im 3-Schicht-Betrieb ausgelastet. Traditionell liegt der Frühsommer darunter, der Jahresbeginn und Herbst teilweise deutlich darüber. Bei der Bewertung muss auch berücksichtigt werden, dass in den letzten Jahren die maschinelle Kapazität in Deutschland ständig gestiegen ist. Dies nicht zuletzt aufgrund höherer Maschinenleistung. In der EWA Auswertung 2012 sind inzwischen fünf 96-Seiten Rotationen enthalten.
Die Interessenorganisation EWA ist derweil weiter auf Wachstumskurs. Nach der jüngsten Erhebung aus Juli 2013 repräsentiert die EWA im Rotationsdruck inzwischen 4 Millarden Euro Umsatz und ca. 13.700 Mitarbeiter im deutschsprachigen Raum.
Fazit
Sowohl die Langzeitbetrachtung als auch die Analyse 2012 zeigen, dass Aussagen wie "dramatische Printrückgänge und Überkapazitäten von 30 Prozent" pauschal nicht für den Akzidenz-Rollenoffset stimmen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in anderen Segmenten teilweise kompensiert. Lineare Hochrechnungen für die Zukunft seien nach Überzeugung von Michael Dömer jedoch in keine Richtung seriös.
Michael Dömer hält die Preise in der Branche allerdings für entsprechend unangemessen. Dies zeige sich immer wieder auch dadurch, dass Unternehmen bei hoher Auslastung in die Insolvenz gehen und nicht etwa wegen Auftragsmangel. Schwierig sei es aufgrund der saisonalen Schwankungen, dem massiven Preisdruck zu begegnen. Die Belastungsgrenze der Rotationsunternehmen sei überschritten, so Dömer. "Zunehmend setzt sich bei en erfolgreichen Unternehmen die Erkenntnis durch, sich rechtzeitig aus einer Preisschlacht zu verabschieden. Aktuelle Insolvenzen zeigen, dass Umsatz um jeden Preis ein Managementfehler ist."
Den Print-Kunden rät Michael Dömer, solide Partnerschaften aufzubauen, damit sie nicht auf Dauer Nachteile durch Insolvenzen oder Schwächung der Branche zu spüren bekommen. Den Rotationsunternehmen empfiehlt er, Differenzierungsstrategien zu prüfen und notfalls Kapazitätsanpassungen vorzunehmen. Er erwartet in den nächsten Jahren eine weitere Konsolidierung der Branche, diese würden jedoch langsamer verlaufen als viele Prognosen meinen, da Subventionen und das Insolvenzrecht Marktmechanismen behindern. (kü)