Please wait...
News / Erneut ITX-Funde in Deutschland
28.04.2017  Wirtschaft
Erneut ITX-Funde in Deutschland
Die Druckchemikalie Isopropylthioxanton wurde in verschiedenen Säften entdeckt. Die Verbraucherzentrale NRW empfiehlt, vorerst auf Getränke aus Kartonverpackungen zu verzichten.
Nachdem vor einigen Wochen in Italien, Spanien, Portugal, Frankreich und zuletzt in Kroatien kartonverpackte Getränke mit Rückstände der Druckchemikalie Isopropylthioxanton (ITX) entdeckt worden waren, sind nun auch in Deutschland entsprechende Funde gemeldet worden. Stichprobenartige Untersuchungen unterschiedlicher Karton-Getränke im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe ergaben, dass beispielsweise der naturtrübe Aldi-Apfelsaft "Apfelblüte" mit 60 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) und der Lidl-Gemüsesaft "vitafit" mit 72 µg/kg belastet war.

ITX, eine beim Bedrucken der Verpackung eingesetzte Chemikalie zur schnelleren Trocknung der Farbe, gelangt als so genannter Abklatsch auf die Innenseite des Kartons, wenn die Verpackung mit der bedruckten, mit ITX behandelten Seite auf große Rollen gedreht wird.

Der betroffene Apfelsaft war in Getränkekartons des norwegischen Verpackungsherstellers Elopak verpackt, der Gemüsesaft-Karton stammte vom schwedischen Marktführer TetraPak. Im Rahmen einer von der DUH in Auftrag gegebenen neuerlichen Untersuchung wurden weitere mit ITX belastete Frucht- und Gemüsesäfte gefunden.

Die Spitzenbelastung lag mit 211 µg/kg um den Faktor drei höher als bei den bisherigen Funden. Bei den drei am höchsten belasteten Säften handelt es sich um den in Berlin bei einer "NETTO Stavenhagen" -Filiale , gekauften Tomatensaft "Rimi" mit 211 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg), den bei einer Norma-Filiale ebenfalls in Berlin gekauften Tomatensaft "Grünfink" mit 79 µg/kg und das Multivitamin Fruchtgetränk "Frucht Tiger" von Granini im 0.2-Liter-Karton mit 97 µg/kg.

**break**Bei vier weiteren Säften lag die ITX-Belastung zwischen 16 und 39 µg/kg. Erneut waren Verpackungen der Hersteller Tetrapak ("Frucht Tiger", "Grünfink") und Elopak ("Rimi") betroffen. Damit erweist sich nach Darstellung der Deutschen Umwelthilfe die Behauptung der Verpackungsindustrie als verfrüht, wegen der inzwischen angeblich erfolgten Umstellung der Produktion auf ITX-freie Verfahren sei das ITX-Problem weitgehend erledigt.

Hart griff die DUH Verbraucherschutzminister Horst Seehofer an. Dieser hatte in der vergangenen Woche die ITX-Belastung von Säften zwar als "unerwünscht" bezeichnet, aber gleichwohl erklärt, die in Aldi- und Lidl-Säften gefundenen Konzentrationen stellten kein Gesundheitsrisiko dar.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: "Die Entwarnung des Ministeriums erfolgt tatsächlich ohne wissenschaftlich fundierte Grundlage. So liegen für ITX keinerlei Untersuchungen über toxische und kanzerogene Wirkungen vor. Dieses Nichtwissen beruht letztlich auf einer Regelungslücke in den Bestimmungen zur Sicherheit von Nahrungsmitteln. Dies darf jedoch nicht zu Lasten des Verbraucherschutzes gehen."

Anders als das Verbraucherschutzministerium unterstützt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Forderungen der DUH. So erklärte deren Pressestelle am 24. Januar 2006: "Auch wenn die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kürzlich in einem Gutachten festgestellt hat, dass grundsätzlich keine Hinweise darauf vorliegen, das ITX in den gefundenen Mengen gesundheitlichschädlich sei, raten wir im Sinne der Selbstkontrolle der Unternehmen dazu, die betroffenen Produkte aus dem Handel zu ziehen. Dies ist eine Frage des Verbrauchervertrauens. Bestandteile von Druckereifarbe haben in Lebensmitteln nichts zu suchen. Eine Kontamination muss zukünftig ausgeschlossen werden."

**break**Die Deutsche Umwelthilfe erhebt zudem schwere Vorwürfe gegen die Hersteller der Fruchtsaftkartonagen. So hatte die Firma Elopak auf besorgte Anfragen von Fruchtsaftabfüllern in einem Schreiben am 21. November 2005 erklärt: "Kürzlich wurde die mögliche ITX-Migration in als Lebensmittel-Simulationsstoff verwendete 3-prozentige Essigsäure untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass die Konzentration unterhalb des Nachweisgrenzwerts lag. Eine Gesundheitsgefährdung durch ITX-Migration in Fruchtsäfte ist deshalb nicht gegeben." Dazu DHU-Chef Resch: "Die Fruchtsaftabfüller wurden mit derartigen verharmlosenden Aussagen in die Irre geführt."

Ausgangspunkt der Belastungen ist ein Produktionsverfahren der Kartonverpackung, das in der Verantwortung der Verpackungshersteller liegt. Die DUH sieht nun dringenden Handlungsbedarf für das zuständige Verbraucherschutzministerium. "Es kann nicht sein, dass in anderen Ländern die belasteten Produkte binnen Stunden aus den Regalen verschwinden, nur in Deutschland nicht", so Resch.

Bis zu einer endgültigen Bewertung durch das Bundesinstitut empfiehlt die Verbraucherzentrale NRW besorgten Verbrauchern, auf Getränke in anderen Verpackungsmaterialien wie Glas oder PET auszuweichen. In Mineralwasser in Kunststoff-Flaschen haben Wissenschaftler allerdings kürzlich erhebliche Belastungen mit Antimon festgestellt, die sie auf das Verpackungsmaterial zurückführen.

Clemens von Frentz
Sie wollen immer auf dem Laufenden sein? Bestellen Sie jetzt den Newsletter von Druck & Medien!