Die Verlagsstrategie der Zukunft
"Content is King" – lässt sich auf diese Formel die Verlagsstrategie der Zukunft bringen? Das Forum Verlagsherstellung zur Frankfurter Buchmesse 2011 bot Ideen, die neue Perspektiven eröffnen. Es zeigte Trends und Technologien, die helfen sollen, Märkte zu erschließen.
In zwölf Panels diskutierten vom 12. bis 14. Oktober rund 60 Fachleute aus der Verlags- und Zulieferbranche in der Halle 4.0 zu Strategien, Produktionsprozessen und Gestaltung von Verlagsprodukten. Enhanced Books oder Enriched Media – ist das Buch der Zukunft noch ein Buch? Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels spricht vom "Prinzip Buch". Inhalt und Trägermedium werden so zunehmend begrifflich getrennt, Produkt- und Wertschöpfungsketten neu definiert, Herstellungs- und Vertriebswege entsprechend angepasst.
Einig waren sich die Experten: Die Ausgabemedien Print und Online beflügeln sich. Durch die Kombination von Print, Web, Smartphone und Table-PC-Angeboten sind neue Produkt- und Preisbündel möglich. Inhalt bleibt der wertvolle Rohstoff für Verlage. Die Digitalisierung verändert alle Verlagsprozesse radikal. Verlage müssen medienübergreifend und kanaladäquat produzieren. Intelligenter, vollautomatisiert verarbeitbarer Inhalt bietet die Chance zu neuen Geschäftsbereichen. Anforderungen, die Mobile Content an den Publishing-Workflow stellen, war Thema des Panels der Deutschen Fachpresse im Forum Verlagsherstellung.
Neue Mitspieler im Geschäft
Im Panel der Akademie des deutschen Buchhandels ging es um die neuen großen Mitspieler im Verlagsgeschäft wie Google, Apple und Amazon. Sie drängen in die von klassischen Strukturen geprägte Verlagslandschaft. Trotz aller Befürchtungen vor zuviel Marktmacht der Internet- und Infrastrukturanbieter sehen Verlage aber auch Chancen in der Zusammenarbeit.
Wer ist Carrier oder Publisher? Wem gehört der Kunde? Ist Publizieren in der Cloud ein Zukunftsmodell? Kommt das Ende des freien Internets? Apps, für die man bezahlen muss, Closed Shops für Content führen möglicherweise dazu, dass das Netz zunehmend privatisiert und damit ins Gegenteil dessen verkehrt wird, als das es gestartet und erfolgreich geworden ist.Auch das Buch nimmt den Multimediatrend auf. Der besondere Reiz liegt in der Kombination beider Medien, beispielsweise durch den Einsatz von Augmented Reality oder Printed Electronics, wie es die Panel des Bundesverbandes Druck und Medien und der Organic Electronics Association (OE-A) aufzeigten.
Kodierte Printinhalte setzen den Link in eine virtuelle, erweiterte Realität. Sobald der Leser die Kamera des Smartphones auf das Printprodukt hält, erwachen Bildern zum Leben, 3D-Animationen oder Videos starten. Einige Anbieter und Verlage kombinieren Print mit Ton, der sich über einen Hör-Stift erschließen lässt. Gedruckte Elektronik wie flexible Displays in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, Video in Print, erobern sich ebenso langsam einen Markt.
Gedrucktes Buch hat große Bedeutung
Mit dem ePub3-Standard gibt es Möglichkeiten, JavaScript, Audio und Video in die Medienprodukte zu integrieren. Dies wirft für Verlage und Dienstleister Fragen auf, welches Material wie und mit welchen Texten, Bildern, Tönen angereichert wird. Auch wenn das Gros der Verlage nach neuen digitalen Geschäftsbereichen sucht und damit experimentiert, bleibt das gedruckte Buch auf lange Sicht von strategisch großer Bedeutung. Voraussetzung ist, die Stärken des gebundenen Buches – wie Haptik, Funktionalität und gute Handhabbarkeit – herauszustellen und Bücher zu veredeln.
Neben der Veredelung gewinnt auch der Umweltschutz und Green Publishing an Gewicht. Hier gibt es Aufklärungspotenzial in den Verlagen, wie nachhaltiges Publizieren gelingen kann.Die Frankfurter Buchmesse startete im Rahmen der Messe ein Projekt gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium und weiteren Umweltinstitutionen sowie dem oekom Verlag. Bis Ende 2012 sollen gemeinsam branchenspezifische Standards für nachhaltiges Publizieren entwickelt werden. Beleuchtet wird die gesamte Wertschöpfungskette von Publikationen. Dabei sollen konkrete Handlungsoptionen für Verlage aufgezeigt werden, um das bislang von den meisten Verlagen ungenutzte Potenzial zur Umweltentlastung zu heben. (kü)