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27.04.2017  Wirtschaft
Bringt die sechste Runde den Durchbruch?
Die Tarifverhandlungen in der Druckindustrie werden am Dienstag, 28. Juni 2011, in sechster Verhandlungsrunde in Berlin weitergeführt. Bisher konnten Arbeitgeber und Gewerkschaft keinen Konsens erzielen. In der grundsätzlichen Ausrichtung eines Manteltarifvertrages gehen die Vorstellungen weit auseinander, so bvdm-Verhandlungsführer Wolfgang Pütz. Verdi droht derweil mit einer "monatelangen Auseinandersetzung".
"Der Gewerkschaft fällt es schwer, die Situation der Branche anzuerkennen. Stattdessen fährt Verdi einen riskanten Kurs, der die Betriebe schwächt, Arbeitsplätze gefährdet und den Flächentarif aushebelt", sagt Wolfgang Pütz. Die Arbeitgeber hätten Verdi in den vorherigen Verhandlungen eine Fülle von konkreten Vorschlägen auf den Tisch gelegt, bisher ohne konstruktive Antwort. Der Bundesverband Druck und Medien bezweifele daher, dass die Gewerkschaft angesichts ihrer Verweigerungshaltung, dem Aufruf zu Streiks und der Betonung von Haustarifverträgen ernsthaft an einem Erhalt des Flächentarifs interessiert ist. Wolfgang Pütz sagt weiter: "Die Verbände der Druckindustrie haben durch ihre Konkretisierungen in den Verhandlungen unter Beweis gestellt, dass sie zum Flächentarifvertrag stehen. Die Arbeitgeber appellieren nun erneut an Verdi, statt zu blockieren, an der Zukunftsfähigkeit der Branche mitzuarbeiten."

Die Arbeitgeber hätten bisher einen Vorschlag zur Änderung der Besetzungsregeln an Maschinen des Zeitungsdrucks vorgelegt, ebenso konkrete Vorschläge zur Entwicklung der Hilfsarbeiterlöhne in Verbindung mit einer Begrenzung von Zeitarbeit. Für eine Erhöhung des Arbeitszeitkorridors auf bis zu 40 Stunden pro Woche durch freiwillige Betriebsvereinbarung hatten die Arbeitgeber beschäftigungssichernde Elemente in Aussicht gestellt. Schichtarbeiter in überwiegender Nachtarbeit beim Druck von Zeitungen sollen nicht länger als bisher arbeiten.

Kommentar von Wolfgang Pütz

Wolfgang Pütz kommentiert: "Verdi-Verhandlungsführer Frank Werneke sprach kürzlich über die Tarifverhandlungen der Druckindustrie von einer Atmosphäre des Stillstands. In der Tat fragen sich die Arbeitgeber, ob es möglich sein wird, am Flächentarifvertrag für die Druckindustrie festzuhalten. Niemand bedauert diese Unsicherheit so sehr wie wir. Denn die Idee einer flächendeckenden Regelung von Arbeitsbedingungen ist eine wirtschafts-, gesellschafts- und ordnungspolitische Notwendigkeit. Daran festzuhalten setzt voraus, dass ver.di nicht in machtpolitischen Dimensionen verharrt. Wer allein in Besitzständen und der Abwehr von Kostensenkungen im Tarifvertrag denkt, wird seiner Verantwortung für Betriebe und Arbeitsplätze nicht gerecht. Verdi kann nicht in guten Zeiten fordern und auch bekommen, ohne in der Krise Bereitschaft zum Anpassen zu zeigen. Viele Unternehmen ringen um Zukunfts-, ja um Überlebensfähigkeit. Wir befinden uns in einem Käufermarkt, im Verdrängungswettbewerb, in europäischer, in der Vorstufe sogar in weltweiter Konkurrenz.

Umsatzrückgänge von rund 20 Prozent in zehn Jahren, sinkende Zeitungsauflagen und Werbeeinnahmen und 4000 Betriebsschließungen beweisen die erschreckende Bilanz. Ideologisch besetzte 35-Stunden-Wochen, Zuschläge von bis zu 242 Prozent, Antrittsprämien, historisch begründete und betriebsbehindernde Besetzungsvorschriften – das sind Bedingungen, welche andere Wettbewerber nicht belasten. Es sind teure Blockaden für notwendige betriebliche Anpassungsprozesse. Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen sich jetzt bescheiden und sich auf das Setzen notwendiger Leitplanken beschränken. Dabei will kein Arbeitgeber das Absenken von Standards auf gesetzliches Mindestniveau. Wir wollen aber, dass viele Entscheidungen  auf die betriebliche Ebene verlagert werden. Die Druckindustrie ist mittelständisch geprägt. Die Jahreseinkommen von bis zu 60.000 Euro für Drucker, von mehr als 80.000 Euro für Maschinenführer und von 45.000 Euro für Helfer wie in manchen Sparten findet man selten in anderen Industriezweigen. Wie soll die Druckindustrie in der jetzigen Situation Lohnforderungen von 5,5 Prozent verkraften können? Wer die Notwendigkeit der Kostenentlastung verkennt und durch Streiks Druckaufträge abwandern lässt, verspielt den Flächentarifvertrag.

Die Standards der Arbeitsbedingungen im Tarifwerk der Druckindustrie passen nicht mehr in diese Zeit. Verdi weiß das. Die Gewerkschaft zieht von Betrieb zu Betrieb und schließt Haustarifverträge ab. Sie akzeptiert Betriebsvereinbarungen, die mit dem Flächentarifvertrag nichts mehr zu tun haben. Das ist im Ergebnis richtig, im Verfahren falsch. In den Unternehmen Haustarifverträge zu ermöglichen, mit denen im Sanierungsweg auf eine akute Not reagiert wird, kommt oftmals viel zu spät. Eine solche Politik macht den Flächentarifvertrag zunehmend zu einer leeren Hülle. Die Verbände der Druckindustrie stehen zum Flächentarifvertrag, aber in veränderter Form. Verdi muss sich die Frage beantworten, ob dies bei ihr ebenso ist. Wenn der Flächentarif nur noch eine leere Hülle ist, verliert er seine Funktion, und die Betriebe werden ihre Probleme in anderem rechtlich zulässigen Rahmen lösen.

Stellungnahme von Verdi


"Beharren die Arbeitgeber der Druckindustrie auf den von ihnen geforderten massiven Tarifverschlechterungen und die weitere Aushöhlung des Flächentarifvertrags, haben sie eine vermutlich monatelange andauernde weitere Auseinandersetzung zu verantworten", erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke.

Für Verdi gehe es in der sechsten Verhandlungsrunde darum, festzustellen, ob ein akzeptabler Abschluss, der zu keinem weiteren Tarifabbau führt und angemessene Lohn- und Gehaltserhöhungen beinhaltet, in absehbarer Zeit auf dem Verhandlungswege möglich ist. In der vergangenen Woche hatte die große Tarifkommission Druckindustrie bekräftigt, dass es mit Verdi keinen Tarifabschluss geben wird, der über eine Arbeitszeitverlängerung den ohnehin schon stattfindenden Beschäftigungsabbau in der Druckbranche beschleunigt.  Verid fordert die Wiederinkraftsetzung der von den Arbeitgebern gekündigten Manteltarifverträge. Zu den ebenfalls  geforderten Lohn- und Gehaltserhöhungen hätten die Druck-Arbeitgeber bislang ein Angebot verweigert. (kü)
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