Zum vierten Mal vertagt
Auch die vierte Verhandlungsrunde der Lohn- und Manteltarifverhandlungen in der Druckindustrie für die 160.000 Beschäftigten der Branche ist am Dienstag dieser Woche nach achtstündiger Sitzung in München vertagt worden. Die Verhandlungen werden am 16. Juni 2011 in Frankfurt am Main weitergeführt.
Zuvor hatten die Tarifparteien Möglichkeiten einer Annäherung ausgelotet, konnten allerdings keine Einigung erzielen, so der bvdm. Die Arbeitgeber hatten der Gewerkschaft einen Vorschlag zur Änderung der Besetzungsregeln vorgelegt. Weitere Themen der Gespräche waren unter anderem die Hilfsarbeiterlöhne und Zeitarbeit, die Arbeitszeit und die Maschinenbesetzung. Dabei hätten die Arbeitgeber Zweifel, ob die Gewerkschaft angesichts ihrer Verweigerungshaltung und der Betonung von Haustarifverträgen ernsthaft an einem Erhalt des Flächentarifs interessiert ist, schreibt der Bundesverband Druck und Medien.
Die Arbeitgeber kritisieren demnach, dass Verdi kein tatsächliches Interesse zeige, die Verhandlungen ergebnisorientiert zu führen. Stattdessen seien bereits im Vorfeld Streiktermine und Kundgebungen für die Folgewoche bekannt gegeben worden. Die Gewerkschaft versuche, die Verhandlungen in der Druckindustrie bewusst zu verzögern, um Druck auf die Verhandlungen bei den Zeitungsredakteuren auszuüben. In beiden Tarifverhandlungen zeige die Gewerkschaft derzeit keinen wirklich konstruktiven Ansatz.
Die andauernden Streiks hätten zur Folge, dass die Betriebe Aufträge verlieren und Arbeitsplätze gefährdet werden. Die Forderungen der Gewerkschaft stehen nach Ansicht der Arbeitgeber für ein Anspruchsdenken, das keineswegs der Situation in der Branche entspricht. Die Arbeitgeber appellieren an Verdi, statt zu streiken nun an der Zukunftsfähigkeit der Branche mitzuarbeiten. Wolfgang Pütz, Verhandlungsführer des bvdm, sagt: "Das Verhalten der Gewerkschaft treibt die Unternehmen sonst auf Dauer reihenweise aus dem Flächentarif."
Verdi kündigt Streiks an
"Angesichts der harten Haltung auf der Arbeitgeberseite werden wir die Beschäftigten zu weiteren Streiks und Protesten aufrufen", kündigte der Verhandlungsführer und stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), Frank Werneke, an. Werneke kritisierte scharf, dass die Vertreter des Bundesverbands Druck und Medien nicht bereit seien, die durch den fortschreitenden Strukturwandel in der Druckindustrie aufgeworfenen Zukunftsfragen mit schlüssigen tarifpolitischen Konzepten zu lösen: "Die Arbeitgeber wollen mit drastischen Verschlechterungen der Tarifbedingungen den Arbeitsplatzabbau in der Branche weiter beschleunigen, statt mit uns gemeinsam an der Sicherheit und Zukunft der Arbeitsplätze zu arbeiten", so Werneke.
Die Druckindustrie habe in den vergangenen Monaten deutliche Umsatzsteigerungen verzeichnen können. Vor diesem Hintergrund seien die Arbeitgeber-Forderungen nach einer Verlängerung der Arbeitszeit, einer Absenkung der Helferbezahlung und der Reduzierung der Beschäftigtenzahl an den Druckmaschinen "schlicht falsch", so Werneke. "Angesichts einer Inflationsrate von 2,4 Prozent und den sich verbessernden wirtschaftlichen Rahmendaten der Branche, ist unsere Forderung nach einer angemessenen Lohn- und Gehaltserhöhung vollkommen plausibel." Um die Verdrängung tariflich geschützter Arbeitsverhältnisse durch Leiharbeit und Werkverträge in der Druckindustrie zu beenden, solle darüber hinaus ein tariflicher Anspruch auf gleichen Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für Leiharbeitsbeschäftigte eingeführt werden. Diese Forderung lehnten die Arbeitgeber in München ab.
Seit Anfang Mai haben sich über 10.000 Beschäftigte aus mehr als 90 Betrieben an den Warnstreiks in der Druckindustrie beteiligt. Die Verhandlungen werden am 16. Juni in Frankfurt/Main fortgesetzt. Vorher, am 9. Juni, findet um 12 Uhr auf dem "Römer" in Frankfurt/Main eine zentrale Kundgebung von Druckern sowie Redakteurinnen und Redakteuren an Tageszeitungen statt. (kü)